© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Eine Perle mit Dachschaden
Festakt: Die Nibelungenhalle in Königswinter feiert ihr hundertjähriges Bestehen
Heiko Urbanzyk

Die Nibelungenhalle ist eine Perle mit Dachschaden.“ Mit Witz ließ Marlies Blumenthal, Eigentümerin der Nibelungenhalle, die Zuhörer an ihrem Lebenswerk teilhaben. Die Nibelungenhalle ist hundert Jahre alt geworden. Sie wurde im Juni 1913 anläßlich Richard Wagners 100. Geburtstag eingeweiht. 150 geladene Gäste folgten dem Festakt am 28. Juni. Pünktlich zum Jubiläum konnte offiziell der längst überfällige Sanierungsbeginn des „Richard-Wagner-Tempels“ angekündigt werden.

Den Gästen bietet sich derzeit ein architektonisches Trauerspiel: Putz hängt von der Decke, Farbe ist herabgelaufen, feuchte Ecken sind unübersehbar. „Wenn es feste regnet, laufe ich hier mit Eimer und Lappen durch die Halle“, lacht Frau Blumenthal. Die Halle hat bessere Jahre gesehen, und zwar vor langer Zeit. Bereits am 10. August 1931 hieß es in der Zeitung Der Montag: „Die Nibelungenhalle zerfällt. Kein Geld für Ausbesserung des Richard-Wagner-Gedächtnistempels“.

Sanierungsarbeiten dauern bis Ende 2014

Was einst nichts anderes sein sollte als ein Tempel für Wagner, ist heute fast nur als Reptilienzoo bekannt. „Ich liebe Wagner“, bekennt Marlies Blumenthal. Den Festakt begleitet der junge Abiturient Christian Biskup mit Wagner am Piano. Daß die Nibelungenhalle heute steht, verdanken die Wagnerianer der Richard-Wagner-Gesellschaft Berlin, dem fast vergessenen Maler und Architekten Hermann Hendrich und dem Vater von Marlies Blumenthal, Bernhard Juchmann. Die meisten der jährlich 50.000 Besucher kommen jedoch wegen der Reptilien.

Die Nibelungenhalle samt Reptilienzoo ist nach wie vor ein Familienbetrieb. Die Eheleute Juchmann pachteten die Halle 1931 und kauften sie 1933. Marlies Blumenthal erbte die Halle vor 23 Jahren. Ihre Schwester und Enkelkinder werden auf dem Festakt als Helfer hervorgehoben. Einer der Festredner lobt den 12- bis 14-Stunden-Tag der rüstigen Betreiberin. Über „Rente mit 67“ kann die 69jährige nur lachen.

Dennoch ist die Sanierung aus eigener Tasche nicht zu bezahlen. Nun stehen die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD), die Bundesrepublik und das Land Nordrhein-Westfalen sowie zahlreiche private Gönner ein, wie zum Beispiel der Hermann-Hendrich-Förderverein. Zehn Jahre hat es gedauert, dieses Bündnis zu schmieden. 1,23 Millionen Euro wird die Sanierung kosten. Die Gerüste zur Kuppelsanierung werden noch im Juli aufgebaut. Für Ende 2014 wird der Abschluß der Sanierungsarbeiten erwartet.

Der Bürgermeister von Königswinter, Peter Wirtz (CDU), wünschte sich in seiner Ansprache, daß man sich nach abgeschlossener Sanierung in 25 Jahren wieder hier treffe. Michael Vangerow von der DSD griff das Mißverständnis auf und scherzte: „Im Kleinen soll nicht eintreten, was wir von größeren Bauvorhaben des Bundes oder der Stadt Bonn kennen.“ Symptomatisch für die Kassenlage vieler Kommunen ist die Zusage des Bürgermeisters für „steten Rat“ der Gemeinde gewesen. Einen „großen Scheck“ habe er leider nicht dabei. Die Internetseiten der Stadt Königswinter führen die „kleine Walhalla“ nicht einmal unter den touristischen Zielen.

Von politischen Korrektheiten und Richard-Wagner-„Aufarbeitung“ wurde der Festakt erstaunlicherweise verschont. Einige Festredner betonten, die Nibelungenhalle sei „ein Spiegel ihrer Zeit“. Eine erfreuliche Unaufgeregtheit, mit der andere Völker ihre Geschichte ganz selbstverständlich in Ehren halten.

Die Nibelungenhalle in Königswinter, Drachenfelsstraße 107, ist bis zum 1. Dezember täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Euro, für Kinder 3 Euro.

www.nibelungenhalle.de

www.nibelungen-hort.de

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