© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Blick in die Medien
Enthüllt: Was die Leser wirklich wollen
Toni Roidl

Meedia (Handelsblatt-Verlag) hat den Internetverkehr von Zeitungen wie taz oder Spiegel untersucht. Spiegel Online ist nach bild.de die Nummer zwei der deutschen Zeitungen im Netz. Doch was interessiert die Spiegel-Leser, die laut Werbung ja „mehr wissen“, wirklich? Die Untersuchung ergab: Fast ein Drittel der Besucher schaut Fotostrecken an, zum Beispiel Angela Merkels Urlaubsbilder.

Die Seiten mit den meisten Zugriffen sind der Netto-Lohnrechner, der Bundesliga-Ticker und die Suchfunktion für die billigste Tankstelle. Meistgeklickte Nachrichten bei Spiegel Online waren das peinliche Katja-Riemann-Interview, Angelina Jolies Angst vor Krebs und die Meldung vom Tod Dirk Bachs. Nicht der trockene politische Nachrichtenkram.

Die meisten Aufrufe bekam im letzten Quartal die Steueraffäre von Uli Hoeneß.

Auch Zeit Online gibt sich seriös. Kein Boulevard, kaum Sport. Doch die Leserinteressen sehen anders aus: Die zweitstärkste Seite hinter der Startseite ist das Sudoku-Spiel. Auf Platz 3 folgt „das Blümchenspiel“. Die meisten Aufrufe bekamen im letzten Quartal die Steueraffäre von Uli Hoeneß und der Liveticker zur Champions League. Ebenfalls häufig angeklickt: „Der zärtlichste Porno der Welt“ und ein Artikel über Angelina Jolies Busen-OP.

Die taz erhält viel Besuch durch Verlinkungen in Netzwerken wie Facebook, trotzdem stagnieren die Zugriffe. Was bei der Zeit das Sudoku-Rätsel ist, ist bei der taz der Comic: Meistgeklickte Seite ist die Bildgeschichte Tom. Außerdem am stärksten nachgefragt sind Fußballkommentare und ein älterer Text mit der Überschrift „Ist kinox.to-gucken strafbar?“, der verunsicherte jugendliche Schwarzseher über Google zur taz-Seite leitet.

So kommt durch die neuen technischen Möglichkeiten ans Licht, was kaum einer so für möglich gehalten hätte: Die Interessen der Leser weichen oft ganz erheblich von den Vorstellungen der Redaktionen ab. Auch das ist eine kleine Revolution der Medienbranche.

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