© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Frisch gepresst

Loriot. „Krawel, krawel. Taubtrüber Ginst am Musenhain, trübtauber Hain am Musenginst. Krawel, krawel.“ Diese Zeilen Lothar Frohweins stammen ebenso wie die Figur des Dichters aus der Feder Vicco von Bülows alias Loriot. Die Szene aus dem Film „Papa ante Portas“ hält nicht nur der Institution Dichterlesung den Spiegel vor, sondern öffnet auch den Blick auf die Qualität der Texte des 2011 verstorbenen Groß-Komikers. Friedrich Tulzer beleuchtet daher in dem vorliegenden Bändchen unter dem Titel „Loriot, der Dichter“, das Werk aus literaturkritischer Perspektive. Er macht in seinen äußerst kenntnisreichen Ausführungen deutlich, warum Loriot über die Generationen hinweg auch heute noch auf Begeisterung stößt und worin er sich von der Masse der heutigen „Comedians“ unterscheidet: Die Texte Vicco von Bülows, etwa die Dialoge der in den siebziger und achtziger Jahren für das Fernsehen produzierten Sketche („Ich heiße Erwin Lindemann“), die immer noch regelmäßig wiederholt werden, zeichnen sich durch eine für dieses Genre äußerst seltene Qualität der Sprachkunst aus. Auch die eingangs zitierten Verse des „Glattlederjacken-Literaten“ Frohwein werden von Tulzer akribisch gedeutet: Er stellt diesen „höheren Unsinn“ in den Zusammenhang mit James Joyce und Karl Valentin. Loriot, der Tulzers Manuskript noch gelesen hat, beantwortete die Frage nach der Güte seiner Texte übrigens gewohnt lakonisch: „Das ist eigentlich wirklich ganz gutes Deutsch.“ (ms)

Friedrich Tulzer: Loriot, der Dichter. Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr. 456. Verlag Hans-Dieter Heinz, Stuttgart 2013, broschiert, 129 Seiten, 16 Euro

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