© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Spektakuläre Einsichten gewonnen
Wissenschaftliche Erfolge bei der Enträtselung der Erdgeschichte / Geologische Zeitskala immer weiter verfeinert
Christoph Keller

Die alten Chinesen wußten um die Schwierigkeit der Frage nach dem Alter der Erde. Daher nannten sie lediglich die rein symbolische Zahl von zweimal 18.000 Jahren, in denen sich aus Yin und Yang schließlich die Erde mit ihrer Flora und Fauna entwickelt hätten. Der Anglikaner James Ussher datierte den Schöpfungszeitpunkt auf das Jahr 4004 vor Christus. Er hatte dies 1650 anhand der alttestamentlichen Geschlechterfolgen seit Adam und Eva errechnet.

Daher war es ein gewaltiger Schlag gegen das christliche Weltbild, als der schottische Geologe James Hutton (1726–1797) den Ursprung des Planeten in unvorstellbar ferne Zeiten zurückverlegte und behauptete, die Erde sei Millionen, vielleicht Milliarden Jahre alt. Die geologische Forschung des 19. Jahrhunderts bestätigte Huttons revolutionäre Theorie. Mit Hilfe physikalisch-chemischer Methoden wurde die Geochronologie perfektioniert. 1913 erstellte der Engländer Arthur Holmes anhand von Gesteins­analysen die erste numerische Zeitskala der „Geologischen Zeitalter“, die vom 4,5 Milliarden alten Präkambrium bis zum Quartär reicht, das vor 2,5 Millionen Jahren begann und die Anfänge menschlichen Lebens einschließt.

Präzisere Methoden bei der Gesteinsalterbestimmung

Markus Moser, Kurator an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in München, nimmt das 100. Jubiläum von Holmes’ Zeitskala zum Anlaß, um auf präzisere Methoden der Bestimmung von Gesteinsaltern aufmerksam zu machen, die seit 2003 zu neuen Erfolgen bei der Enträtselung der Erdgeschichte führten (Naturwissenschaftliche Rundschau, 5/13). Verbesserungen in der Laborchemie und in der Analysetechnik mit schrittweiser Laserabtragung der behandelten Mineralkörner hätten die bewährte Datierung anhand isotopenspezifischer Zerfallskonstanten „erheblich verfeinert“. Leider seien bei den dadurch möglichen Langzeitmessungen aber auch Probleme aufgetreten, die aus der Erkenntnis resultieren, daß die Hypothese eines für das Sonnensystem allgemein gültigen Uran-Isotopen-Verhältnisses sich als „nicht vollkommen richtig“ erwies.

Trotzdem zeige die aktuelle Zeittafel („The Geologic Time Scale“, Elsevier Verlag, Amsterdam 2012) Abweichungen von der älteren Chronologie nur mehr im unteren Prozent- und Promillebereich. Und die differenziertere Isotopenstratigraphie habe gerade seit 2010 weitere spektakuläre Einsichten vermittelt. So hätten US-Forscher vom Berkeley Geochronology Center (BGC) mit diesem verbesserten „Handwerkszeug“ die umstrittene Frage nach der Abfolge der Ereignisse beim großen Sterben der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren, an der Grenze von der Kreidezeit zum Tertiär, nochmals überprüft und Zweifel an der Kausalität zwischen dem Meteoriteneinschlag in Mexiko und dem Dino-Massensterben ausgeräumt.

Auch der Ablauf des 200.000 Jahre währenden größten bekannten Massensterbens der Erdgeschichte, an der Perm-Trias-Grenze vor 250 Millionen Jahren, ist heute fast „auf die Minute genau“ zu fixieren. Damals verschwanden, verursacht durch Flutbasaltvulkanismus in Sibirien, etwa 90 Prozent aller Arten. Natürlich demonstriert die moderne Geochronologie ihre Leistungsfähigkeit auch bei der exakten Bestimmung des Alters der Erde: der älteste bisher gefundene Meteorit, „vermutlich zeitgleich mit der Erde entstanden“, werde auf 4,56728 Milliarden Jahre datiert – „und zwar auf ± 0,0005 Milliarden Jahre genau“.

Geologische Zeitskala des BGC: ucmp.berkeley.edu/help/timeform.php

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