© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/13 / 12. Juli 2013

Unternehmen in Deutschland müssen den Diensten zuarbeiten
Offene Schnittstellen
Jörg Fischer

Wir sind nicht gefeit, leider, daß auch mal ein Schuft noch unter uns sein kann", sagte Erich Mielke 1982 in einer Rede vor Kampfgenossen an der unsichtbaren Front. „Wenn ich das schon jetzt wüßte, dann würde er ab morgen schon nicht mehr leben." Die Stasi war acht Jahre später Geschichte, Liquidierungen sind deutschen Agenten verboten – doch die geheimdienstliche Suche nach Schuften feiert fröhliche Urständ.

Daß nun René Obermann als Chef der Telekom zugibt, daß Kundendaten legal an staatliche Stellen fließen, überrascht daher nicht. Und daß Firmen und Verbraucher diesen Spitzelservice auch noch bezahlen müssen, ist eine wenig beachtete Pointe. Doch Paragraph 88 des Telekommunikationsgesetzes ist eindeutig und schließt selbst kleinste IT-Anbieter nicht aus: „Die technischen Einrichtungen zur Umsetzung von gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation sind von dem Betreiber der Telekommunikationsanlage auf eigene Kosten zu gestalten und vorzuhalten." Obermann betonte aber im Deutschlandfunk, sein Unternehmen kooperiere in Deutschland „nicht mit ausländischen Geheimdiensten", sondern nur „mit unseren Diensten".

Und die lieben doch alle Menschen, wie Mielke in seiner Volkskammerrede 1989 aus dem Nähkästchen plauderte. Daß die „Dienste" oft auch „Hervorragendes zur Stärkung der Volkswirtschaft" leisten, wird in der Debatte um Prism & Co. gern vergessen. Die gesetzlich erzwungenen Überwachungsschnittstellen sind ein zusätzliches Einfallstor für kriminelle Hacker und alle Finanz- und Wirtschaftsspione. Hinzu kommt der fatale Trend, ohne Not immer mehr Daten und Programme von der lokalen Festplatte in die „Cloud" – externe Speicherplätze bei Anbietern wie Apple oder Google – auszulagern. Daß nun der chinesische IT-Konzern ZTE Betrieb und Wartung des deutschen E-Plus-Mobilfunknetzes übernimmt, spricht Bände – doch welcher Anbieter ist heute noch sicher?

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