© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/13 19. Juli / 26. Juli 2013

Was wußte die Regierung von der NSA-Spionage?
Gespielte Ahnungslosigkeit
Ronald Gläser

Wie oft war in den letzten Jahren zu hören: „Die hören alle Telefone ab, bestimmt auch meins.“ Mit „die“ waren Geheimdienste, allen voran die der Amerikaner, gemeint. Wer so etwas sagte, wurde oft belächelt. Jaja, Onkel Otto und seine Verschwörungstheorien.

Das Lachen ist verstummt. Die Verschwörungstheorien sind alle wahr: Geheimdienste sammeln und horten landauf, landab mehr Daten, als das MfS jemals hätte sammeln können. Führende Politiker und Journalisten tendieren nun zu zwei unterschiedlichen Reaktionen: Entweder sie kommentieren die Angelegenheit mit einem besserwisserischen „Wußten Sie das nicht?“ Meistens versuchen sie damit vergessen zu machen, daß jeder von ihnen als Verschwörungstheoretiker verunglimpft wurde, der die modernen Geheimdienste als aufgepimpte Stasi bezeichnet hat. Oder sie belügen die Öffentlichkeit wie Angela Merkel und ihr Kabinett, die von all dem nichts gewußt haben wollen. Das stimmt nicht. Nachweislich. Westdeutsche Bundesregierungen wurden jahrelang von der NSA ausspioniert. Die Stasi fand in den achtziger Jahren einen Überläufer, der dem Ost-Berliner Dienst detailliert darüber berichtete. 1992 ließ die Bundesregierung das Beweismaterial von der Gauck-Behörde abholen und den Amerikanern zurückgeben. Ohne Konsequenzen.

Angela Merkel war damals schon Mitglied der Regierung Kohl. Sie kann unmöglich behaupten, von all dem nichts gewußt zu haben.

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