© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/13 / 02. August 2013

Keine Kooperation mit Marine Le Pen
Großbritannien: Während die eurokritische Ukip innenpolitisch mehr und mehr an Boden gewinnt, geht sie zu europäischen Rechtsparteien auf Distanz
Josef Hämmerling

Kurz und bündig brachte es der Vorsitzende der United Kingdom Independence Party (UKIP), Nigel Farage, auf den Punkt. Eine Kooperation mit Marine Le Pens Front National (FN) käme für ihn nicht in Frage, erklärte er gegenüber dem holländischen Fernsehsender NOS. Zwar fahre Le Pen einen beherzten Kurs bei der Erneuerung des FN, doch führe dieser zu viele Altlasten mit sich herum. Explizit sprach Farage von „Antisemitismus“ und „Holocaust“.

Starke Vorbehalte äußerte er zudem gegenüber dem Vorsitzenden der Partei für die Freiheit (PVV), Geert Wilders. Zwar begrüße er die harte euroskeptische Haltung des Niederländers, doch dessen Standpunkt gegenüber dem Islam stünde im Widerspruch zur politischen Arbeit der UKIP. Während diese in Großbritannien hart daran arbeite, mit der Masse der moderaten Moslems zu kooperieren, wolle Wilders in den Niederlanden den Koran verbieten.

„Ich habe nichts gegen den Islam“, betont Farage denn auch immer wieder. Entsprechend besuchte der UKIP-Führer am 30. Juni die Ghousia-Moschee in Armley, Leeds, und erklärte dort, die Feinde des Westens und der Demokratie seien die radikalen Islamisten, und forderte, mit den Moslems und deren Verbänden, die sich an die Gegebenheiten in ihrem Gastland anpaßten, Gespräche zu führen und sie entsprechend als Mitglieder der Gesellschaft anzuerkennen.

Farages frühere Aussagen, daß der Islam den Westen bedrohe und keine weiteren Moslems mehr aufgenommen werden dürften, sind demnach nicht mehr aktuell. Auch seine aus dem Jahr 2010 stammende Forderung, das Tragen der Burka in Großbritannien zu verbieten, wiederholt Farage nicht mehr.

Die Erklärung britischer Politologen hierfür lautet: Die UKIP wird erwachsen. Mit den Erfolgen bei den britischen Nachwahlen und dem immer stärkeren Anwachsen der Mitgliederzahlen könne die Partei nicht mehr, wie zuvor, auf Totalopposition machen, sondern müsse sich als ernstzunehmende, staatstragende Partei profilieren. Zwar müsse die UKIP nach wie vor ihren Kernpunkten, also Austritt aus der EU, Stopp der unkontrollierten Einwanderung, Verweigerung der Aufwertung von Homosexualität und Kampf gegen islamistischen Terror, treu bleiben, müsse sich aber als „moderne“ Partei von allzu radikalen Positionen verabschieden.

So mußte dann auch Eric Kitson, der Ende Juni einen Sitz im Worcester County Council gewann, nach nur zwei Wochen von seinem Amt zurücktreten. Grund: Kitson hatte auf seiner Facebookseite den Islam als „eine Krankheit, die mit Radioaktivität geheilt werden muß“, bezeichnet und dazu das Bild einer explodierenden Atombombe veröffentlicht.

Der Kurs Farages findet Bestätigung. Im Juli zählte die UKIP erstmals mehr als 30.000 Mitglieder. Allein seit März traten mehr als 8.500 Bürger in die Unabhängigkeitspartei ein. Im Durchschnitt nahm die Mitgliederzahl zuletzt monatlich um mehr als 1.000 Personen zu. Noch im April 2012 hatte die Zahl der Mitglieder bei 17.220 Personen gelegen. Dagegen fiel die Mitgliederzahl der Liberaldemokraten seit 2010 um 35 Prozent auf 42.501 Personen. Politologen erwarten, daß die UKIP diese Zahl bald übertreffen könnte und sich nach den weit vorne liegenden Konservativen und der Labour-Partei als drittstärkste politische Kraft in Großbritannien etabliert.

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