© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/13 / 09. August 2013

Bandwurm im Wortsalat
Kauderwelsch statt Klartext: Telekommunikations-Unternehmen drücken sich allzu häufig nicht verständlich aus
Robert Backhaus

Jetzt hat die semantische Misere der Beizettel und des Kleingedruckten, der Gebrauchsanweisungen und der Warnungen vor möglichen Nebenfolgen auch die digitale Sphäre erreicht. Die Kunden verstehen nichts mehr, seien sie jung oder alt, Anfänger oder erfahrene Szene-Freaks.

In einer soeben veröffentlichten Studie der Universität Hohenheim „Über die Sprache der Telekommunikations-Unternehmen“ wird ein wahres Horrorszenario entfaltet. Kein Käufer digitaler Neuheiten, heißt es, könne noch etwas mit den mitgelieferten Prospekten anfangen, einerlei ob es nun um Computer, Smartphones oder Tablets gehe, ob um Geschäftsbedingungen oder Antworten auf sogenannte FAQ, will sagen: auf die am häufigsten von den Käufern gestellten Fragen. Es sei ein Graus.

Der Leiter der Hohenheimer Studie, Professor Frank Brettschneider, ist ein erfahrener Sprachforscher, führend beteiligt sowohl am „Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland“ als auch an der „International Encyclopedia of Communication“. Hier in seiner neuen Studie über die Prospektsprache speziell in Deutschland bemängelt er lächerlichen „Wortsalat“, immer wiederkehrende Passagen mit dem Schwierigkeitsgrad ehrgeiziger Doktorarbeiten sowie Bandwurmsätze mit siebzig Wörtern.

Je einfacher der in Frage stehende Sachverhalt, um so verquollener und unverständlicher die offiziellen Gebrauchsanweisungen, so Brettschneiders Resümee. Leider versagt er sich, offen Roß und Reiter zu nennen. Die Wahrheit aber ist: Das Übel liegt nur allzu oft gar nicht an der Mißratenheit vermeintlicher Fachsprache an sich, sondern eindeutig an der geradezu sträflichen Uninteressiertheit, ja Wurstigkeit, mit der einschlägige deutsche Produzenten und Importeure ihre Kunden behandeln.

Blindlings übernehmen sie, etwa bei der Auslieferung eines Gerätes, das aus Südkorea stammt, die vom dortigen Produzenten mitgelieferten Beizettel, meistens grausame Mischungen aus Fachjargon und rührend hilflosem Pidgin-Deutsch. Kein Unternehmenschef kommt offenbar auf den Gedanken, seiner Werbeabteilung einen Fachmann für gutes, verständliches Deutsch beizugesellen.

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