© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/13 / 09. August 2013

Frisch gepresst

Familie Bismarck. Über die Dynastie des „Urpreußen und Reichsgründers“ schien 2010 ein Werk des im gleichen Jahr gestorbenen Doyens der Bismarck-Forschung, des Marxisten Ernst Engelberg, umfassende Auskunft zu versprechen. Tatsächlich handelte die Kompilation aus den Manuskripten des über hundertjährigen Historikers enttäuschend spärlich über die Generation der Kinder und Enkel des ersten deutschen Reichskanzlers. Somit blieb eine Forschungslücke offen, die den Journalisten Jochen Thies, lange Ressortleiter Außenpolitik der Welt, herausforderte. Die Familiengeschichte, die Engelbrecht schuldig blieb, kann allerdings auch er noch nicht liefern. Zu skizzenhaft gerät etwa das Porträt Herbert von Bismarcks, der kurzzeitig als idealer Fortsetzer der verwickelten Gleichgewichtspolitik galt. Zu oberflächlich setzt sich Thies hier mit den Widerständen auseinander, die, organisiert von der „Grauen Eminenz“ des AA, Friedrich von Holstein (JF 24/13), den unbeherrschten Alkoholiker im März 1890, als auch der väterliche Lotse von Bord ging, schließlich zur Demission zwangen. Was die Lektüre zur Qual macht, ist die Unfähigkeit des belesenen und quellenkundigen Autors, sich aus dem Käfig zu befreien, in den die „herrschende Meinung“ die deutsche Geschichte zwischen 1871 und 1945 gesperrt hat. (vd)

Jochen Thies: Die Bismarcks. Eine deutsche Dynastie. Piper Verlag, München 2013, gebunden, 428 Seiten, Abbildungen, 22,99 Euro

 

Kartoffeln. Wenn jemand etwas vom „Erdapfel“ versteht, dann ist es der Schleswig-Holsteiner Hans Peter Stamp, der für den Bauernverband zwischen den Meeren 32 Berufsjahre lang als Kartoffelexperte tätig war. Nun im Ruhestand, hat er seine Lebenserfahrung im Umgang mit der unansehnlichen Feldfrucht in eine breitgefächerte Kulturgeschichte der Kartoffel einfließen lassen. Damit ist ihm ein unterhaltsames Stück Umweltgeschichte gelungen, die Ernährungskalamitäten als Ursachen historischer Prozesse benennt. Das große Hungersterben im Irland des 19. Jahrhunderts gerät ihm dabei genauso in den Blick wie der Ausfall der Kartoffelernte, der 1916 die Kriegsmoral im deutschen Kaiserreich erschütterte. Stamp nutzt seine Arbeit auch, um kräftige Seitenhiebe gegen die Öko-Landwirtschaft und sogar gegen die Anhänger der Theorie des „Klimawandels“ auszuteilen. (fd)

Hans Peter Stamp: …und weiß wie Alabaster. Eine Kulturgeschichte der Kartoffel. Wachholtz Verlag, Neumünster 2013, gebunden, 256 Seiten, Abbildungen, 20 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

8. August 1963: Beim spektakulären Überfall auf den Postzug von Glasgow nach London erbeuten Ronald Biggs (heute 84) und seine 14 Komplizen 2,6 Millionen Pfund (nach jetzigem Wert etwa 46 Millionen Euro). Der Großteil davon tauchte nie wieder auf.

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