© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/13 / 16. August 2013

EU-Kommission attackiert erneut „Made in Germany“-Siegel
Gefahr im Verzug
Michael Wiesberg

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schlägt Alarm: Die weiter verfolgten Pläne der EU-Kommission zur angeblichen Verbesserung des Verbraucherschutzes bedrohen das Gütesiegel „Made in Germany“. Bislang gilt dasjenige Land als Herkunftsort, in dem die „letzte wesentliche, wirtschaftlich gerechtfertigte Be- und Verarbeitung“ erfolgt. Nach Angaben des DIHK-Chefs Eric Schweitzer soll sich „Made in Germany“ in Zukunft nicht mehr an Qualitätsmerkmalen orientieren, sondern für die Ursprungslandangaben würden Zollvorschriften ausschlaggebend sein, die sich an technischen Vorgaben wie Warennummern orientierten.

Dieser neue Zollkodex soll bereits Ende dieses Jahres in Kraft treten, sofern die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament zustimmen. Es ist also Gefahr im Verzug. Formal bliebe zwar „Made in Germany“ als Gütesiegel erhalten, es würde aber für viele Produkte nicht mehr gelten. Eine Handtasche beispielsweise, die im Ausland nach deutschen Plänen zugeschnitten wird, um dann in Deutschland endverarbeitet zu werden, dürfte dann nicht mehr das Siegel „Made in Germany“ tragen, obwohl das Produkt im wesentlichen in Deutschland gefertigt wird.

Der relative Preis des Aufwands und der Materialien bestimmten nämlich bei einer derartigen Neuregelung die Herkunft. „Gerade für den Mittelstand, der seine Produkte häufig in Deutschland entwickelt, testet und vertreibt, aber sie im Ausland produziert“, sei das Gütesiegel „Made in Germany“ wichtig“, betonte Schweitzer. Das Label stehe bisher für Verläßlichkeit und eine hohe Produktqualität.

Auch Anton Börner, selbst Unternehmer und zugleich Präsident des Außenhandelsverbandes BGA warnt: Für Mittelständler, die auf Auslandsmärkten noch nicht so bekannt seien, sei das Siegel „Made in Germany“ ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Die EU versuche durch die „Hintertür unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes“ das deutsche Qualitätskennzeichen zu gefährden. Die angeblichen Ziele der EU-Kommissare seien durch die bestehende Produktsicherheitsverordnung bereits gewährleistet.

Brüssel wiegelte vorige Woche indes ab: Das Gütesiegel „Made in Germany“ sei keineswegs in Gefahr. Die Kommission wolle zwar das „freiwillige Herkunftssiegel zur Pflicht machen“, die Kriterien zur Bestimmung des Herkunftslandes sollen aber nicht geändert werden.

Ist der Alarmismus von DIHK und BGA damit gegenstandslos? Wohl kaum. Die regulierungswütige EU-Kommission hat bereits in mehreren Anläufen versucht, die Regeln für die Herkunftslandangaben zu verändern. Daß sich mit der angestrebten Verpflichtung zu einem Herkunftssiegel sowie neuem Zollkodex die Kriterien zur Bestimmung des Herkunftslandes wirklich in keiner Weise ändern sollen, können nur Naive glauben.

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