© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

Viel heiße Luft
Bayern: Der Landtagswahlkampf scheint für die SPD bereits verloren, trotzdem könnte es für die CSU noch einmal spannend werden
Lukas Noll

Heiß zeigt sich in Bayern der August nach dem regnerischen Sommeranfang, heiß könnte er auch im politischen Sinne sein: Das Wahljahr 2013 wartet nicht nur mit der Bundestagswahl am 22. September, sondern auch eine Woche vorher mit der Landtagswahl auf.

Doch wie auf Bundesebene vermag auch der bayerische Wahlkampf nicht richtig in Fahrt zu kommen, gleicht dem heißen Sommer mehr in Gestalt einer temperaturbedingten Trägheit als eines wirklich hitzigen Kampfes. Hier ein Auftritt des betont landesväterlich auftretenden Horst Seehofer, dort der seines kämpferischen Herausforderers Christian Ude. Wer durch Bayerns Straßen fährt und die Umfrageergebnisse betrachtet, der vermißt die Ungewißheit eines Wahlkampfes: Die Wahl wirkt bereits entschieden.

Nicht nur, daß die CSU den Kampf um die Straßenlaternen gewonnen hat, bevor SPD und Grüne ihn überhaupt aufzunehmen gedenken: Wer durch die Tiefen des Bayerischen Waldes fährt, der sieht vielleicht noch das eine oder andere Plakat von Freien Wählern oder ÖDP. SPD und Grüne hingegen, die doch proklamieren, ab Herbst das bajuwarische Ruder übernehmen zu wollen, wirken wie vom Parkett gefegt.

Die Umfrageinstitute sind sich mittlerweile einig, daß es der CSU nicht nur gelingt, in der Landesregierung zu bleiben, was ohnehin die wenigsten ernsthaft bezweifelten. Vielmehr sehen die Meinungsforscher die CSU nach fünf Jahren Koalitionsregierung wieder mit eigener absoluter Mehrheit. Von Forsa bis Dimap werden 45 bis 47 Prozent für die CSU erwartet. Ein Ergebnis, mit dem Seehofer zufrieden sein kann. Das liegt auch daran, daß Seehofer einiges von der bewußt vage gehaltenen Wahlkampfstrategie der Kanzlerin abgekupfert hat. Wie auch die Schwesterpartei positioniert sich die CSU im Wahlkampf bei Themen wie dem Mindestlohn, dem G8-Schulsystem und der Ganztagsschule bewußt nahe am Konzept der Sozialdemokraten, um diesen den letzten Wind aus den Segeln zu nehmen.

Gleichzeitig werden bewährte Geschütze wie der Gleichsatz von Partei und Land aufgefahren, die auch noch heuer ihre Früchte tragen: Infratest Dimap ermittelt gerade einmal 35 Prozent, die sich einen Ministerpräsidenten Ude wünschen, Seehofer zögen ganze 57 Prozent vor. Der bayerischen Sozialdemokratie ist es auch mit einem verhältnismäßig charismatischen und bekannten Kandidaten nicht gelungen, an Fahrt zu gewinnen. Noch immer dümpelt die Partei zwischen 18 und 20 Prozent umher – vom ersehnten Fünf-Prozent-Bonus allein durch Ude keine Spur.

Erst sollte die erwartete, aber knappe absolute Mehrheit der CSU verfehlt werden, dürfte es spannend werden: Die Umfagen sind sich nämlich derzeit auch darüber einig, daß die FDP nicht wieder in den Landtag einzieht.

Für die Christsozialen könnte es kritisch werden, wenn die Partei nur knapp die absolute Mehrheit verfehlt, während der bisherige Koalitionspartner FDP aus dem Landtag ausscheidet. Dann wäre sie plötzlich auf die Freien Wähler angewiesen: Was sich im Freistaat zwar aus nahezu identischem Milieu rekrutiert, ist gerade deswegen persönlich tief zerstritten: So stark die Freie-Wähler-Basis auch nach der Koalition mit der klientelnahen Union ruft, so vehement auch die Anziehungskraft einer Koalition gegen ebendiese CSU bei der FW-Spitze unter dem Ex-CSU-Mann Hubert Aiwanger. Wären da nicht mal wieder die Umfragen, die auch dem Dreierbündnis gegen die CSU vorhersagen, die absolute Mehrheit der Sitze deutlich zu verfehlen – auch weil Aiwangers Freie Wähler nach zwischenzeitlichem Umfragehoch gegenüber der letzten Wahl sogar um zwei Prozentpunkte auf acht Prozent fallen dürften.

So scheint zumindest die im Internet vielfach persiflierte Kampagne rund um den Wort haltenden Ministerpräsidenten Ude mit dem Augustwetter zu harmonieren: Der Traum einer SPD-geführten Landesregierung in Bayern scheint auch für die nächsten fünf Jahre viel heiße Luft um gar nichts zu sein.

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