© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/13 / 30. August 2013

Der Rote Hahn liebt die Pendler
Tatütata und Wasser marsch: Mit Technik, Abenteuer und Gemeinschaftsgeist wirbt die Feuerwehr um Nachwuchs
Bernd Rademacher

Unheilvolles Knistern, beißender Qualm, Brandgeruch – es brennt! Was jetzt zu tun ist, lernt jedes deutsche Kind schon vor der Grundschule: 112 wählen und darauf warten, daß in wenigen Minuten ein großes rotes Auto angebraust kommt, aus dem erfahrene Männer springen, die das Feuer wirksam bekämpfen. Aber kann man sich darauf noch verlassen?

Nach den Landesgesetzen über Feuerschutz und Hilfeleistung (FSHG) müssen Kreisstädte mit mehr als 25.000 Einwohnern über eine ständig besetzte Feuerwehrwache mit Berufskräften verfügen. Doch in ländlichen Regionen können nur freiwillige Feuerwehren den Brandschutz gewährleisten. Die ehrenamtlichen Feuerwehrmänner stellen sicher, daß auch in den Landkreisen ein Spritzenwagen kommt, wenn der Rote Hahn auf dem Dach sitzt.

Hervorgegangen sind die freiwilligen Feuerwehren einst vielfach aus den nationalrevolutionären Turnerschaften. In den politisch subversiven Turnvereinen ertüchtigten sich die Revolutionäre für die Befreiungskriege, später für ein einiges Deutschland. 1847 erdachte ein Zeitungsredakteur aus Karlsruhe den Begriff „Feuerwehr“.

Doch seitdem ist viel Löschwasser durch den Schlauch gelaufen. Der demographische Schwund legt auch eine Lunte an den ehrenamtlichen Brandschutz – den freiwilligen Feuerwehren brennt die Nachwuchssorge unter den Nägeln.

Dabei mangelt es eigentlich nicht an Interesse. Die freiwilligen Feuerwehren sind vielerorts fest in der Tradition ländlicher Regionen verwurzelt und stellen einen starken Identitätsfaktor dar. Oft ist es üblich, schon als Schüler zur Jugendfeuerwehr zu gehen, weil sich dort die Aktivität in der Gemeinde abspielt. Jugendwarte berichten, daß sich gerade nach spektakulären Bränden in der Nachbarschaft oft Jugendliche freiwillig melden, weil sie sich engagieren wollen.

Das Problem ist vielmehr: Manche freiwillige Feuerwehren sind tagsüber nicht verfügbar, weil die Mitglieder als Pendler auswärts arbeiten. Im Alarmfall eine echte Katastrophe. Immer öfter schlagen Kommunen Alarm, weil tagsüber kaum ausreichend Kräfte rechtzeitig zu einem Brandort zu bringen wären. Das ist etwas anderes als das übliche Lamento über schlechte Bezahlung und mangelnde Beförderungschancen in der Berufsfeuerwehr!

Um der drohenden Unterversorgung entgegenzusteuern, fahren viele Landkreise Kampagnen, zum Beispiel „Ja zur Feuerwehr“ in Niedersachsen oder „Helden gesucht!“ in Sachsen. Die Konzepte beinhalten zahlreiche Vorschläge, wie das Ehrenamt attraktiver gemacht werden kann. Früher war das einfach: Wer damals freiwillig zur Feuerwehr ging, brauchte nicht zur Bundeswehr. Die Abschaffung der Wehrpflicht erledigte diesen Anreiz. Feuerwehren bemühen sich heute mit „Mit-mach-Tagen“ zum selber Aktivwerden um die Jugend. Den Mitgliedern bietet das Ehrenamt intensive Bindungen und Erlebnisse. „Feuerwehrleute müssen sich aufeinander verlassen können. Nichts schweißt so zusammen, wie eine wichtige Aufgabe gemeinsam bewältigt zu haben. Dabei werden Fähigkeiten vermittelt, die auch im sonstigen Leben unerläßlich sind“, sagt ein freiwilliger Feuerwehrmann aus Rotenburg an der Wümme.

Löschzüge freiwilliger Feuerwehren bewährten sich nicht nur bei Bränden. Auch bei Verkehrsunfällen helfen sie. Während der Hochwasserkatastrophe an der Elbe waren die ehrenamtlichen Wehren der betroffenen Kreise pausenlos im Einsatz. Und natürlich werden sie regelmäßig zu Übungen zusammengezogen, die manchmal ziemlich spektakulär inszeniert sind. Die Mitglieder eines Zuges der freiwilligen Feuerwehr aus einem Eifeldorf werden nie vergessen, wie sie der legendären GSG 9 bei der kontrollierten Detonation eines Sprengstoffdepots von „Terroristen“ assistieren durften.

Trotzdem fordern die Regionalvertreter von den Ländern mehr Unterstützung zur Stärkung der Akzeptanz in der Bevölkerung. Das wäre vor allem für den Bevölkerungsanteil der Problemeinwanderer wünschenswert, der sich nicht nur durch Abwesenheit in den Ehrenämtern auszeichnet, sondern die Feuerwehr in Berlin und anderen Großstädten immer öfter mit Gewalt bei der Pflichtausübung behindert.

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