© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/13 / 06. September 2013

Grüße aus Wien
Spanischer Zuwachs
Carl-Gustav Ströhm

Das geflügelte Wort „Deutsche Sprache – schwere Sprache“ ist in privaten Schulen, in denen Deutsch als Fremdsprache unterrichtet wird, stets aktuell. Man sieht sich als Lehrer mit Grammatik, Satzzeichen und korrekter Aussprache konfrontiert und ist auch des öfteren ziemlich frustriert. Warum fragen Sie? Als Lehrer sollte man doch Geduld mit seinen Schülern haben und ihnen mit Verständnis begegnen,wenn sie das Präteritum von „gehen“ nicht wissen.

Die Frustration rührt aus einem ganz anderen Grund her. Gerade solche privaten Schulen sind nicht nur der beste Beweis des alltäglichen Multikulti-Wahnsinns, sondern auch für das Scheitern der europäischen Politik.

Doch wer sind meine Schüler und was hat dies mit dem vorher genannten Frust gemein? Sie sind neben Polen, Russen, Serben und Türken in letzter Zeit hauptsächlich Spanier, welche fast alle Architektur studiert oder das Sudium bereits abgeschlossen haben. Während des Unterrichts lernt man diese, hier jene Spanier, auch ein bißchen besser kennen. Auf die Frage, warum sie ausgerechnet nach Wien gekommen sind, kam in 99 Prozent der Fälle die Antwort: Sie suchen Arbeit.

Man könnte sie auch als moderne Vagabunden bezeichnen. In Gesprächen mit meinen spanischen Schülern kommt vor allem die Kritik an der EU nicht zu kurz, aber vor allem auch der Frust, daß sie nicht in Spanien ihren Beruf ausüben können.

Nun ist der Großteil meiner Schüler arbeitslos, doch das Interessante bei den Spaniern ist die Tatsache, daß sie kurz nach ihrer Ankunft in Österreich – und der deutschen Sprache noch nicht mächtig – bereits Arbeit in einem Architektenbüro gefunden hatten. Das kam mir doch sehr spanisch vor. Ich fragte daher eine Bekannte, die für ein großes Architekturbüro in Wien arbeitet, wie denn das eigentlich möglich sei. Die Antwort kam prompt: Lohndumping.

Durch die Krise der spanischen Bauindustrie sehen sich junge spanische Architekten nicht nur gezwungen ihre Heimat zu verlassen, sondern bieten sich den hiesigen Architektenbüros für einen Billig-lohn an. Österreichische Architekten schauen mehr und mehr in die Röhre, da sie den Büros mittlerweile zu teuer geworden sind. Ein Ende scheint nicht in Sicht, denn in meinem letzten Kurs, den ich halten werde, stehen auf der Teilnehmerliste wiederum sieben spanische Namen.

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