© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/13 / 06. September 2013

Von wegen „Tiger vom Bosporus“: Fragezeichen mit Klassenkampfrhetorik
Wirtschaftswachstum sehr brüchig
(wk)

In den Marxistischen Blättern (4/2013) erklärt Murat Cakir, ein Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die „Hintergründe des Aufstandes gegen Erdogan“. Unter der „neoliberal-islamistischen“ Regierung der Türkei sei es zwar zu einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 5,07 Prozent gekommen, was über dem Weltdurchschnitt von 3,85 Prozent liege. Jedoch relativiere sich dieser Erfolg bei einem Blick auf das Wachstum in den anderen Schwellenländern: dieses nämlich betrage 6,62 Prozent. „Gleichzeitig ist das ‘türkische Wirtschaftswunder’ sehr brüchig, weil es durch Auslandskredite gestützt wird. Laut Schätzungen braucht die Türkei jedes Jahr 200 Milliarden Dollar Auslandskapital, um ihr Leistungsbilanzdefizit auszugleichen. Die Netto-Auslandsverschuldung liegt bei rund 413 Milliarden Dollar.“ Es finde in der Türkei also kein „Kulturkampf“ gegen die Islamisten statt, sondern ein Aufstand gegen den Neoliberalismus, der für diese Zustände verantwortlich sei – man könne auch von einem „Kampf entlang der Klassenlinien“ sprechen. So opponierten jetzt auch viele Muslime, die einst die AKP gewählt hätten, gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan. Die soziale Frage spalte die Frommen, und deshalb bestehe nun die Möglichkeit, „ein breites gesellschaftliches Bündnis“ unter der Führung von Linken und Sozialisten zu schmieden.

www.neue-impulse-verlag.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen