© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

Geheimdienste knacken Verschlüsselungsprogramme
Staat im Staate
Ronald Gläser

Als der deutsche Militärattaché Franz von Papen 1916 die USA verlassen mußte, reiste er an Bord eines neutralen Schiffes nach Europa. Die Engländer hielten das Schiff an und stahlen unter Mißachtung internationaler Vereinbarungen von Papens Diplomatengepäck, das wichtige Geheiminformationen enthielt. „Das können die doch nicht machen“, soll er sich beschwert haben.

Doch die können. Westliche Geheimdienste setzen sich genauso über rechtliche oder moralische Bedenken hinweg wie die der Schurkenstaaten. Wie wir nun dank Edward Snowden erfahren haben, können NSA und GCHQ sogar verschlüsselte E-Mails mitlesen. Die Dienste wenden gegenüber Unternehmen die Methode Zuckerbrot und Peitsche an: Wer kooperiert, wird geschmiert. Wer nicht gleich mitmacht, der wird zum Mitmachen und zum Stillschweigen verpflichtet. Und wer opponiert wie der Guardian, bekommt Besuch von Agenten, die dann im Keller Festplatten zerstören. Oder er wird wie die Lavabit-Gründer zur Geschäftsaufgabe gezwungen.

Wir Deutschen werden diesen Trend bei unseren „westlichen Freunden“ nicht stoppen können. Wir können nur dafür sorgen, daß in unserem Land, das zwei totalitäre Erfahrungen hinter sich hat, Geheimdienste nicht wieder zum Staat im Staate werden. Es ist Zeit, ihre Macht endlich zu begrenzen – statt sie immerzu auszuweiten.

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