© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

„taz“ soll neu erfunden werden
Durchgesickerte Zahlen zeigen erhebliche Probleme auf / Ärger auf Genossenschaftsversammlung erwartet
Lion Edler

Für die taz sind finanzielle Schwierigkeiten fast schon ein Markenzeichen, das ihr einen gewissen Charme verleiht. Bereits in den Gründerjahren mußte die Tageszeitung durch einen Barscheck des Spiegel-Chefs Rudolf Augstein gerettet werden.

Nun drohen erneut schwere Zeiten, denn die Zeitungskrise macht auch vor der taz nicht halt. Nachdem sie zuletzt drei Jahre in Folge schwarze Zahlen geschrieben hatte, erwirtschaftete die Verlagsgenossenschaft im Jahr 2012 ein Minus von 616.766 Euro. Das schreibt der Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch in einem Rundschreiben an die Genossen. Danach ist die Krise primär nicht auf fallende Anzeigenerlöse zurückzuführen, sondern auf gesunkene Vertriebserlöse. Die Abo-Einnahmen sanken gegenüber dem Vorjahr um 243.449 Euro, die Erlöse aus dem Einzelverkauf um 183.382 Euro.

Die taz, so Ruch, konnte dem negativen Auflagentrend der Tagespresse im Jahr 2012 nur dadurch trotzen, daß die IVW ab dem zweiten Quartal 2012 auch digitale Ausgaben (E-Paper) in die Berechnung der offiziellen Auflage einbezieht.

In der Rudi-Dutschke-Straße wird nun fieberhaft nach Möglichkeiten gesucht, die taz „neu zu erfinden“, wie Chefredakteurin Ines Pohl sich ausdrückt. So soll die Wochenendausgabe sonntaz aufgewertet werden, um Leser zu binden, die für tägliche Abonnements nicht mehr zu gewinnen sind. Außerdem regt Ruch an, weitere Publikationen anzubieten, was mit dem Verkauf der deutschen Ausgabe von Le monde diplomatique bereits erfolgreich gemacht wird.

Trotz alledem macht Ruch sich keine Illusionen: „Die Ge­werkschaften mögen Tarifflucht und Rotstift be­klagen, angesichts fallender Erlöse und unsiche­rer wirtschaftlicher Perspektiven der digitalen Publizistik bleiben sie notwendige Handlungs­maximen.“

Am 14. September wird der aktuelle Geschäftsbericht bei einer Generalversammlung in der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung vorgestellt.

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