© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

Volksgemeinschaft im Widerstreit: Ohne Raubkrieg und kapitalistische Ausbeuter
Eigenverantwortung der Arbeiter
(ob)

Zuletzt hat der Berliner Historiker Götz Aly das soziale Ideal der „Volksgemeinschaft“ (VG) für bare Münze genommen und das nach 1933 etablierte Gesellschaftsmodell als Vollendung des sozialdemokratischen „Volksstaats“ gedeutet, der nur durch die Ausplünderung der Juden Europas realisiert werden konnte (JF 13/05). Innovativ war Alys These insoweit, wie sie von der marxistischen Linie abwich, VG lediglich als Propagandafloskel zu deuten, mit der NS-Führung und „Monopolkapitalismus“ die Arbeiterschaft gefügig gemacht hätten. In diesem Sinne argumentiert bis heute das Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung (1/2013), ein Auffangbecken für die „alte Garde“ von DDR-Historikern und ihren Eleven. Rundum anachronistisch „entlarvt“ Karsten Heinz Schönbach die Volksgemeinschaft als Paravent, der nur notdürftig die „rücksichtslose Ausbeutung der Arbeiterschaft durch die Kapitalisten“ verdeckt habe. Daß neben Aly und Schönbach auch seriöse Analysen möglich sind, zeigt Karsten Uhls Studie über die VG im Fabrikalltag (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 5/6-2013). Sie unterstreicht die Aktivierung der Arbeiter zur Eigenverantwortung, betont die Wurzeln der NS-Konzepte im Rationalisierungsdiskurs der 1920er und fordert eine kulturhistorisch erweiterte Technikgeschichte ein, um die „reale Volksgemeinschaft“ zu erfassen.

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