© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

Frisch gepresst

Carl Goerdeler. Wäre der Staatsstreich am 20. Juli 1944 gelungen, hätte wohl Carl Goerdeler als Nachfolger Hitlers das Reichskanzleramt übernommen. Stattdessen wurde der einstige Bürgermeister von Königsberg und Oberbürgermeister von Leipzig auf der Flucht in seiner westpreußischen Heimat entdeckt, verhaftet und vom Volksgerichtshof als „Verräter“ und „politischer Kriegsspion“ zum Tode verurteilt. Nach Monaten im Zuchthaus, von Heinrich Himmler mit Denkschriften zum „Wiederaufbau“ des Reiches beauftragt, erfolgte am 2. Februar 1945 die Hinrichtung des Mannes, der 1936 von seinem Posten zurückgetreten war, weil er die Entfernung des Denkmals für den „Vollblutjuden“ Felix Mendelssohn-Bartholdy vor dem Leipziger Gewandhaus nicht hatte hinnehmen wollen. Dieses projüdische Bekenntnis bewahrte Goerdeler nicht vor dem Stigma des „Antisemiten“, das an ihm seit dreißig Jahren klebt. Es geht zurück auf erinnerungspolitisch motivierte Anklagen Hans Mommsens und dessen Schüler Christof Dipper, deren Ansichten über den „Deutschen Widerstand und die Judenfrage“ bis heute als offiziös gelten. Darum war kein Geringerer als der stellvertretende Direktor des Instituts für Zeitgeschichte zur Stelle (FAZ vom 30. Juli), um die Gegenposition, die Peter Hoffmann, Stauffenberg-Biograph und Nestor der Widerstandsforschung, in seiner überaus differenzierten Studie über Goerdeler als Widersacher der NS-Judenpolitik bezieht, sofort geifernd als „Apologie“ zu verdammen. (zu)

Peter Hoffmann: Carl Goerdeler gegen die Verfolgung der Juden, Böhlau Verlag, Köln 2013, gebunden, 364 Seiten, Abbildungen, 39,90 Euro

 

Brennessel und Co. Sanddorn, Holunder und Bärlauch dürften den meisten als Bereicherung des Speisezettels geläufig sein. Obwohl letzterer, darauf weist Constanze von Eschbach in ihrem Vorwort hin, lange eine kulinarische Schat-tenexistenz erlebte, bis dieses Lauch-gewächs sich in den letzten Jahren zur „begehrten Frühlingsdelikatesse mauserte“. Daß auch Pflanzen wie Löwenzahn, Berberitze oder Gänseblümchen genießbar sind, dürften allenfalls betagte Zeitgenossen aus früheren „Muckefuck“-Notzeiten wissen. Auch wenn das Buch oberflächlich eher auf die Landlust-Fraktion zugeschnitten ist, kann es somit vielleicht auch als Krisenvorsorge dienen. (bä)

Constanze von Eschbach: Selbstversorgung aus der Natur mit eßbaren Wildpflanzen. Kopp Verlag, Rottenburg 2013, broschiert, 256 Seiten, Abbildungen, 14,95 Euro

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