© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Hand in Hand für ein freies Land
Spanien: Über eine Million Katalanen bildeten eine 400 Kilometer lange Menschenkette für die Unabhängigkeit
Martin Schmidt

Mehr als eine Million Menschen verbanden am 11. September, dem katalanischen Nationalfeiertag, über vierhundert Kilometer hinweg das Gebiet im äußersten Nordosten der Iberischen Halbinsel – von den Pyrenäen, über die Städte Gerona, Barcelona und Tarragona bis an die Grenze zur Nachbarregion Valencia.

Die imposante Menschenkette wurde von der erst im März 2012 gegründeten „Katalanischen Nationalversammlung“ (ANC) organisiert, deren Präsidentin Carme Forcadell erneut verlangte, man möge ihr Volk im Jahr 2014 endlich über die Unabhängigkeit abstimmen lassen.

Das Motto lautete „Der katalanische Weg zur Unabhängigkeit“ und erinnert an die Unabhängigkeitsbestrebungen der baltischen Völker vom Sowjetimperium Ende der achtziger Jahre. Diese hatten ihren Höhepunkt am 23. August 1989 im sogenannten „Baltischen Weg“ gefunden, einer 650 Kilometer langen Menschenkette zur Erinnerung an den 50. Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes.

Nicht nur die Tatsache, daß es sich bei den Esten, Letten und Litauern um kleine Völker handelt, verbindet sie mit den Katalanen. Auch in puncto Zähigkeit und Ideenreichtum der Befreiungsbewegung vom ungeliebten „großen Bruder“ gibt es Gemeinsamkeiten.

In Katalonien mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern ist der Stolz auf die eigenständige Sprache und Kultur allgegenwärtig, und Bräuche wie die beeindruckenden Menschenpyramiden (Castells) dienen als Ausdrucksformen des Protests (Kommentar Seite 2).

Seit Jahrzehnten widersetzen sich die Katalanen der nationalen und kulturellen Assimilation. Schon Francos Nationalisten wollten das Problem des rebellischen Kataloniens mittels Massenmigrationen von Kastiliern oder Andalusiern beseitigen.

Ebenso wie es in den Zeiten des Widerstandes eine starke Solidarität zwischen den baltischen Völkern gab, verstehen sich heute die Unabhängigkeitsbewegungen der Katalanen und Basken als Schicksalsgemeinschaften. Letzteres vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht, da sich beide Gebiete, die industriell und technologisch landesweit an der Spitze stehen, als Opfer einer fortgesetzten Transferunion in Richtung Madrid betrachten.

Doch die mit der immer problematischeren Wirtschafts- und Währungskrise kämpfende Madrider Regierung um den konservativen Ministerpräsident Mariano Rajoy verweist immer wieder auf die Verfassung, die ein Ausscheiden einzelner Regionen aus dem Zentralstaat nur mit dessen Zustimmung erlaube. Für einen Dialog sei man jedoch offen, so Rajoy.

Foto: Seit’ an Seit’ für den katalonischen Weg: Allein in der Metropole Barcelona fordern Hunderttausende die Souveränität und ein Los von Madrid

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