© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Lockerungsübungen
Irrationales Kaufverhalten
Karl Heinzen

Ilse Aigner wechselt zwar erst nach dem 22. September in die bayerische Landespolitik, doch eine ihrer letzten Amtshandlungen als Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz deutete bereits an, daß ihr provinzielles Denken nicht fremd ist. Ab Januar 2014, verkündete sie in Berlin, wird ein neues, einheitliches Logo auf zahlreichen Lebensmittelverpackungen dem Kunden im Supermarkt darüber Auskunft geben, woher die Hauptzutat des Produktes stammt und wo es im wesentlichen verarbeitet wurde.

Die Kennzeichnung ist freiwillig, eine Verpflichtung nur für deutsche Erzeugnisse wäre mit europäischem Recht nicht vereinbar gewesen. Unternehmen, die das Logo nutzen wollen, müssen ihr Produkt vom Verein Regionalfenster lizenzieren lassen. Ob die Angaben richtig sind, wird im Rahmen bereits üblicher Kontrollen überprüft, hinzu kommen unangekündigte Stichproben.

Was als eine Stärkung des Verbraucherschutzes durch noch mehr Transparenz deklariert wird, ist im Kern aber nichts anderes als ein weiterer Ausbau des bürokratischen Apparates staatlicher oder staatsnaher Lebensmittelwächter, die ihre Existenz irrationalen Ängsten der Bevölkerung verdanken. Eigentlich müßte von mündigen Bürgern erwartet werden, daß sie ein so elementares Bedürfnis wie die Ernährung eigenverantwortlich stillen können. Da sie jedoch zu bequem sind, hier Kompetenz zu erwerben, und von Mißtrauen gegen die Hersteller erfüllt sind, delegieren sie diese private Aufgabe wie so viele andere auch an den Staat.

Mit der neuen Kennzeichnung der regionalen Herkunft wird die selbstverschuldete Entmündigung der Verbraucher zur amtlich sanktionierten Verhöhnung gesteigert. Ob ein Produkt beispielsweise aus Bayern oder Niedersachsen stammt, sagt nichts über seine Qualität oder seinen Beitrag zu einer gesunden Ernährung aus. Viele Bürger glauben jedoch, daß Produkte aus „heimischen“ Regionen vertrauenswürdiger seien, obwohl sie die Hersteller genausowenig kennen wie deren ausländische Konkurrenten.

Unser Staat hat die Aufgabe, die Globalisierung zu moderieren und Rahmenbedingungen für einen fairen internationalen Wettbewerb zu setzen. Eine Kennzeichnung, die bloß Ressentiments der Verbraucher stärkt und ihr Kaufverhalten manipuliert, ist damit nicht zu vereinbaren.

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