© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Der Kampf der Throne
Das Bezahlfernsehen setzt immer stärkere Akzente mit eigenen Erfolgsserien / Beispiel „Game of Thrones“
Henning Hoffgaard

Unverfilmbar! Das Etikett hing der Fantasy-Saga „Das Lied von Eis und Feuer“ schon unmittelbar nach der Veröffentlichung des ersten Bandes „A Game of Thrones“ 1996 an. Die Geschichte zu komplex, ein riesiges Ensemble an Hauptfiguren und dann auch noch eine mittelalterliche Welt mit Drachen und Zauberern. Kein deutscher Sender wäre das Risiko eingegangen, die monumentale Geschichte zu verfilmen. Mittlerweile sind fünf Bände aus der Hand des Autors George R. R. Martin erschienen. Der letzte davon kommt auf stattliche 1.040 Seiten.

Zuviel Stoff für eine Filmreihe. Der amerikanische Bezahlsender HBO entschied sich für eine Serie. Allein die erste Staffel von „Game of Thrones“ mit ihren zehn Folgen soll 45 Millionen Euro gekostet haben und setzte 2011 neue Maßstäbe für Fernsehproduktionen.

Die dritte Staffel wurde vor wenigen Tagen in gleich 16 Kategorien für den Emmy, den wichtigsten amerikanischen Fernsehpreis, nominiert, der am kommenden Sonntag vergeben wird. Bis zu fünf Millionen Amerikaner haben die dritte Staffel verfolgt. Ein einträgliches Geschäft für HBO. Der Sender hat die Serie mittlerweile in 80 Länder verkauft.

Der außergewöhnliche Erfolg von „Game of Thrones“ hat einen Grund: Schöpfer George R. R. Martin pfeift auf klassische Konventionen. Schwarz-Weiß? Gut-Böse? Das gibt es für den 65 Jahre alten Schriftsteller nicht. Alles dreht sich um eine mittelalterlich anmutende fiktive Welt, die aus den Kontinenten Westeros und Essos besteht.

Während sich in Westeros sieben Königreiche herausgebildet haben, in denen unterschiedliche Adelsgeschlechter mal mehr, mal weniger erfolgreich Kriege gegeneinander führen, ist Essos ein wildes trockenes Land mit genauso wilden, zumeist in Stämmen organisierten Einwohnern. Im Mittelpunkt steht zu Beginn die Adelsfamilie Stark, die im nördlichsten der sieben Reiche herrscht. Ihr fällt es zu, die zivilisierte Welt gegen die wilden und geheimnisvollen Völker des weitgehend im dunkeln liegenden hohen Nordens zu verteidigen. Intrigen, Bürgerkriege und die Nachkommen eines gestürzten Königs bringen die sieben Reiche schließlich an den Rand des Abgrunds.

Die Serie setzt Martins Geschichten meisterhaft um. Während etwa beim „Herrn der Ringe“ die Rollen von Beginn an klar besetzt sind, ist bei „Game of Thrones“ nichts vorhersehbar. Die Charaktere gewinnen im Laufe der Zeit eine im Fernsehen noch nie dagewesene Tiefe. Überraschende Wendungen, Intrigen, Sex und Kriege tun ihr übriges, um die Zuschauer in den Bann zu ziehen. Beispielhaft hierfür ist die Figur der von Sibel Kekilli gespielten Shae, der Geliebten von Lord Tyrion, der von Publikumsliebling und Golden-Globe-Gewinner Peter Dinklage gespielt wird. Kekilli ist die einzige Schauspielerin aus Deutschland in der US-Serie.

Aber nicht nur die Handlung überzeugt mit neuen überraschenden und dennoch nie unplausiblen Wendungen. Effekte, Drehorte und Ausstattung können mit den meisten Kinofilmen im Fantasy-Genre problemlos konkurrieren. Teilweise wurde während der Dreharbeiten in mehreren Ländern gleichzeitig produziert. Doch die Tiefe der Geschichte birgt auch Risiken, allein in der dritten Staffel gibt es mehr als dreißig Hauptcharaktere. Zuschauer, die zwei oder drei Folgen verpassen, können mitunter der Handlung nicht mehr folgen.

Die Popularität der Serie schlägt sich besonders im Internet nieder. Seit Monaten beherrscht „Game of Thrones“ die Download-Charts des Torrent-Netzwerkes. Einzelne Folgen wurden allein in den Vereinigten Staaten mehr als fünf Millionen mal heruntergeladen. Hinzu kommen Millionen Aufrufe auf den Streaming-Plattformen. In Deutschland profitiert davon vor allem die Internetplattform www.kinox.to. Hier werden alle Folgen zum Anschauen angeboten. Die Nutzer von kinox.to agieren dabei in einer rechtlichen Grauzone. Ob das kurzfristige Speichern der Filmdateien während des Streamings wirklich legal ist, wird unter Juristen heiß diskutiert.

Mittlerweile hat sich um „Game of Thrones“ ein riesiges Marketingimperium gebildet. Neben den Büchern und der Serie werden allerlei Fanartikel angeboten. Von der Küchenuhr bis zu Kleidung. Allein der gleichnamige Computerspiel-Ableger konnte aufgrund der bestenfalls mittelmäßigen Grafik die Spieler nicht so recht überzeugen. Daran änderte auch die Veröffentlichung für die Spielkonsolen Playstation 3 und Xbox 360 nichts.

Eine wirkliche Gefahr für die Serie droht paradoxerweise durch ihren eigenen Erfinder. George R. R. Martin ist nicht nur einer der besten Fantasy-Schriftsteller, sondern auch einer der langsamsten. Brauchte er anfangs noch zwei Jahre für einen Band, waren es zuletzt, im Jahr 2011, schon sechs Jahre. Viele Fans werden unruhig. Selbst Drohungen bekam Martin bereits. Der Zeitschrift Business Punk vertraute er jüngst an, er werde nach dem letzten geplanten Buch seinen Selbstmord inszenieren, um wieder seine Ruhe zu haben.

www.sky.de

www.tnt--serie.de

Foto: Filmszene: Die Priesterin Melisandre und Stannis Baratheon, der auf den Thron von Westeros will

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