© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Die Diktatur des Tabus
Die aktuelle Ausgabe des „Deutschland-Journals“ der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft widmet sich der Politischen Korrektheit
Hans-Joachim von Leesen

Wer sich heute über unsere jüngere Geschichte, über die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe, über Feminismus oder über die Politik Israels abseits der „gängigen Meinung“ unterhält, hat sich das nicht selten das Umgucken antrainiert, ob nicht unbekannte Ohren mithören? Schuld an diesen Verhältnissen, die fatal an die DDR erinnern, ist die Politische Korrektheit (PC), eine Diktatur von Tabus und offiziösen Meinungen, die jede freie Diskussion einschränkt. Wer es wagt, dagegen zu verstoßen, wird ins soziale Abseits gestellt und notfalls auch juristisch mundtot gemacht. Die Handhabe dazu ist nicht zuletzt der Vorwurf der „Volksverhetzung“, der seinen Niederschlag im Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches gefunden hat.

Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft (SWG) richtete 2013 deshalb das Seminar „Politische Korrektheit – das Meinungsdiktat“ aus. Einige hundert Mitglieder und Freunde der SWG hatten sich in Hamburg versammelt, um einen Tag lang hochkarätige Vorträge zu hören und darüber zu diskutieren.

Der stellvertretende Vorsitzende der SWG, Manfred Backerra, führte in das Thema ein und schilderte die Atmosphäre der Unterstellungen und Verdächtigungen, der Anpasserei und des Duckmäusertums, die – angeblich ohne staatlichen Zwang – dabei ist, ein System der Unterwürfigkeit zu erzwingen. Den Gesetzen der PC beugen sich fast alle Medien – Zeitungen etwa, indem sie bei Berichten über Gewalttaten die Herkunft der Täter verschweigen. Ob Hörfunk oder Fernsehen, die Einstellung zum Euro ist überall gleich: Der Euro ist für Deutschland ein Segen. Keine Redaktion wagt grundlegende Kritik an der Zuwanderungspolitik der Bundesregierung. In der Geschichtspolitik sei der Konsens vorgebenen, daß Deutschland Alleinschuldiger an zwei Weltkriegen sei. Auch gegen die Auflösung der Nationalstaaten im Namen Europas ist kein Widerspruch gestattet. Von 2000 bis 2011, so Backerra, sollen etwa 27.000 Gerichtsverfahren wegen Verstöße gegen den Paragraph 130 („Volksverhetzung“) geführt worden sein, die in über 3.000 Fällen zu Bestrafungen führten. Die Bundesrepublik sei „der wohl einzige Staat, in dem Menschen gerichtlich oder amtlich dafür bestraft werden, daß sie ihr Volk gegen Beschuldigungen verteidigen“.

Der Historiker Stefan Scheil prangert an, wie von Regierungsseite unverhohlen den Historikern vorgeschrieben wird, wie sie die Ereignisse um den Zweiten Weltkrieg darzustellen haben. Stets müssen sie zu dem Schluß kommen, daß Deutschland allein schuldig sei an den Ursachen und allen Kriegsverbrechen. Das werfe die berechtigte Frage auf, inwieweit die Gängelung von Historikern vereinbar sei mit einer freiheitlichen Demokratie.

JF-Redakteur Christian Vollradt behandelte die „Pressefreiheit im Netz des politisch Korrekten“. Beispielhaft schilderte er das Schicksal des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, den man unzutreffend beschuldigt hatte, Juden diskriminiert zu haben, um unter solchem Vorwand einen unbequemen Geist loszuwerden. Er erinnerte an Martin Walser, Eva Herman oder Erika Steinbach, die Unliebsames geäußert hatten und nun „fertiggemacht“ wurden. Auch über Kommunalpolitiker, die sich geweigert hatten, an Schwulenparaden teilzunehmen, wurde der Bann verhängt.

Der emeritierte Professor Karl Albrecht Schachtschneider, einer der entschiedenen Kritiker der Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung, nannte politische Korrektheit das Herrschaftsmittel, wenn man andere Mittel nicht einsetzen will, weil es der Rechtsstaat nicht zuläßt. Mit solchem politischen Rigorismus versucht die herrschende Klasse, das Volk zu gängeln. Die Manuskripte der Referate sowie das Protokoll der ausführlichen Diskussionen sind zusammengefaßt in der neuen Ausgabe des Deutschland-Journals.

Das „Deutschland-Journal“ ist gegen Einsendung eines Fünf-Euro-Scheines pro Exemplar für Versandkosten und Schutzgebühr erhältlich bei der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, Postfach 26 18 27, 20508 Hamburg.

www.swg-hamburg.de

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