© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/13 / 27. September 2013

Frisch gepresst

Gutmenschentum. In unserer komischen Zeit ist plötzlich alles, was wichtig wäre, nicht mehr statthaft. Dafür werden wir vom Zeitgeist ermuntert, Dinge zu tun, die wir lieber lassen sollten. Der evangelische Theologe Sebastian Moll hat dazu ein kleines Buch geschrieben, das sich mit den aberwitzigen Öko-Verboten unserer Zeit befaßt. Nicht das erste, wie er selbst schreibt. Aber eines der besten, weil prägnantesten. Der 33jährige arbeitet sich mit einer ebenso witzigen wie gehaltvollen Art an Gender Mainstreaming („in hohem Maße gefährlich“), Gutmenschentum und der Politischen Korrektheit, ab. Als Theologe arbeitet er auch den kulturellen Zusammenhang mit dem Protestantismus heraus, dem demütige Selbstgeißelungsrituale nicht fremd sind. Die katholische Kirche bleibt auch nicht verschont, entwickelte sie doch den Ablaßhandel, der das Vorbild für die heutigen CO2-Aufschläge von Fluggästen war. Sein Fazit: „Mißtrauen Sie dem allgemein Anerkannten.“ Alles in allem ist das Buch der beste aktuelle Beitrag zur Verbots- und Veggie-Day-Debatte überhaupt. (rg)

Sebastian Moll: Du sollst nicht atmen. Adeo Verlag, Aßlar 2013, gebunden, 128 Seiten, Abbildungen, 14,90 Euro

 

Albert Speer. Der smarte Architekt Albert Speer, 1942 als Nachfolger Fritz Todts Reichsminister für Bewaffnung und Munition, 1943 für Rüstung und Kriegsproduktion, gab sich vor dem Nürnberger Tribunal erfolgreich als ein in die Chefetagen des NS-Staates hineingetaumelter „Künstler“ aus und rettete so sein Leben. Nach zwanzig Jahren Haft 1966 entlassen, setzte er das Maskenspiel fort und vermittelte, auch mit Hilfe der von ihm hinters Licht geführten Publizisten Joachim C. Fest und Wolf Jobst Siedler, in seinen „Erinnerungen“ (1969) und in den „Spandauer Tagebüchern“ (1975) ein ähnlich eigenwilliges Bild von sich als Hitlers Baumeister und Organisator des „totalen Krieges“. Erhebliche Korrekturen am „Mythos Speer“ brachten Zeithistoriker erst nach dessen Tod (1981) an. Die durchaus interessanten Interviews, die der auskunftsfreudige Ex-Minister dem Geschichtslehrer Jörg-Michael Schiefer in den 1970ern gab, und die Schiefer erst jetzt veröffentlicht, fallen daher zwangsläufig hinter den Stand der Forschung zurück. (wm)

Jörg-Michael Schiefer: Architekt, Generalbauinspektor und Rüstungsminister. Gespräche mit Albert Speer 1971–1975. MatrixMedia- Verlag, Göttingen 2013, gebunden, 150 Seiten, 29,90 Euro

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