© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/13 / 04. Oktober 2013

Tschetschenen gegen Nordafrikaner
Einwanderung: Nicht zum ersten Mal eskaliert die Gewalt in einer Chemnitzer Unterkunft für Asylbewerber
Paul Leonhard

In einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber im sächsischen Chemnitz ist es zu einer Massenschlägerei gekommen. In der Nacht zum Mittwoch vergangener Woche überfielen Tschetschenen die Unterkünfte von Nordafrikanern. Bei der mit Knüppeln, Keulen, Steinen und sogar Brandflaschen ausgetragenen Gewaltorgie wurden mindestens 21 Personen verletzt, zwei davon schwer. Erst der Einsatz einer halben Polizeihundertschaft und ebenso vieler Angehöriger eines Spezialeinsatzkommandos brachte die Lage unter Kontrolle.

Die Auseinandersetzungen haben in Sachsen für Entsetzen und eine breite Berichterstattung in den Medien gesorgt. Von einem „Krieg der Nationen“ schreibt die Bild-Zeitung, von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ die Morgenpost, und die Freie Presse läßt weitgehend unzensiert die Leser auf ihrer Online-Seite zu Wort kommen.

Der Grundtenor lautet: Sofort abschieben, außer Familien und Frauen mit Kindern. Die Behörden sollten alle „Asylbewerber, die Randale anzetteln, umgehend und kompromißlos dorthin schicken, wo sie hergekommen sind“, schreibt ein Leser. Ein anderer bemerkt sarkastisch: „Das ist doch schönstes Multikulti und kulturell ungemein bereichernd für alle Beteiligten.“ Und ein Anwohner der im Stadtteil Ebersdorf gelegenen Einrichtung freut sich, „daß endlich wieder einmal etwas von dieser unerträglichen Situation berichtet“ wird. Seit Monaten würden täglich Einsatzfahrzeuge der Polizei, der Feuerwehr und des medizinischen Notfalldienstes zum Adalbert-Stifter-Weg fahren. Der Wald liege voll Müll, nächtliche Ruhestörungen, Ladendiebstähle und Sachbeschädigungen seien an der Tagesordnung.

Unter dem Eindruck der steigenden Kriminalität im Umfeld des Asylbewerberheims hatte bereits im Juli 2012 die Bürgervereinigung „Pro Chemnitz“ eine Bürgerstreife organisiert. Einen Monat später kam es erstmals zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Damals wurden neun Männer aus Libyen und Tunesien als Rädelsführer vorläufig festgenommen. Die Nordafrikaner hatten Afghanen und Iraner angegriffen und verletzt. Im März dieses Jahres kamen bei einer Massenschlägerei, an der sich 40 bis 50 Asylbewerber beteiligt hatten, 14 Personen zu Schaden.

Im aktuellen Fall stellte sich heraus, daß die Gewalttaten ebenfalls von Nordafrikanern ausgegangen waren, die die Unterkunft der Tschetschenen überfallen, verwüstet und vier Verletzte zurückgelassen hatten. In der folgenden Nacht schlugen die Tschetschenen zurück. Inzwischen wurde ein 17 Jahre alter Marokkaner als Anstifter identifiziert und wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen. Die übrigen Verdächtigen stammen aus dem Kosovo, Georgien, Nordafrika und Rußland. Nach den Erkenntnissen der Polizei geht es bei den „ethnischen Auseinandersetzungen“ meistens um Frauen und Alkohol.

Nur wenn die Asylbewerber bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung „Rechtsstaatlichkeit erfahren“, werden sie sich „entsprechend konstruktiv in den Heimen verhalten“, empört sich Sachsens Ausländerbeauftragter Martin Gillo (CDU) über die Chemnitzer Zustände und fordert „durchgesetzte Sicherheit bei Tag und Nacht und qualifizierte Sozialarbeit“. Ungewöhnlich deutliche Töne kommen von Innenminister Markus Ulbig (CDU): „Gerade bei Straftätern müssen die Asylverfahren schnellstmöglich abgeschlossen werden, damit Klarheit herrscht.“ In der Chemnitzer Einrichtung waren zum Zeitpunkt der Gewaltorgie 730 Menschen untergebracht, darunter 145 Tschetschenen und 110 Personen aus Marokko, Tunesien und Libyen. In der zentralen Einrichtung bleiben die Sachsen zugewiesenen Asylbewerber, im laufenden Jahr etwa 5.000, sechs bis zwölf Wochen, bevor sie auf andere Heime verteilt werden.

Angesichts der ungebremsten Aufnahme von Asylbewerbern und der schleppenden Antragsprüfung fürchten in Deutschland viele Landkreise und Städte Schlimmes. Überall müssen die Kapazitäten der Heime erweitert oder neue Standorte gefunden werden. Bezüglich des Chemnitzer Heimes denkt das Innenministerium über ein neues Sicherheitskonzept nach, das Videoüberwachung, einen Wachschutz und überraschende Polizeikontrollen beinhalten könnte. Nötig seien aber auch schnellere Asylverfahren und die konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber.

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