© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/13 / 04. Oktober 2013

Konservativer Antijudaismus: Schmitt im Klassiker-Test
Theologisch, nicht rassistisch
(wm)

In der überbordenden Produktion zum Thema Carl Schmitt sticht die notorische Ignoranz gegenüber dem völkerrechtlichen Werk des Juristen hervor. Ebenso liegt, sieht man von Kommentierungen in den CS-Editionen Günter Maschkes ab, der Kontext von Schmitts Analysen der internationalen Beziehungen, die Geschichte des deutschen und ausländischen Völkerrechts im „Zeitalter der Extreme“, in auffälligem Dunkel. Statt dessen arbeitet sich die Schmitt-Forschung weiter hingebungsvoll am „Antisemitismus“ ab. So auch die Studie des Kölner Politologen David Egner „Zur Stellung des Antisemitismus im Denken Carl Schmitts“ (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 3/2013). Von üblichen Zuordnungen zum „eliminatorischen NS-Rassenantisemitismus“ weicht Egner jedoch ab. Schmitts Argumentation in der „Judenfrage“ sei „nun einmal (politisch-)theologisch und nicht rassistisch“, und selbst, wo er von Rasse spreche, wende er sich nur gegen den „geistigen Einfluß des Judentums“. Daher könne Schmitt „kein überzeugter Nationalsozialist“ gewesen sein, sondern ein katholischer Konservativer, der die NS-Machtergreifung als „konservative Gegenrevolution mißverstand“. Löst man heute den „analytischen Gehalt“ seines Werkes von „antisemitischen“ Verquickungen mit seiner Politischen Theologie, ließe sich prüfen, ob Schmitt „wirklich zum Klassiker taugt“.

www.ifz-muenchen.de

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