© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/13 / 11. Oktober 2013

Zwischentag mit Mißtönen
Eine Politische Messe von rechts in Berlin: 40 Aussteller präsentierten sich vor etwa 700 Besuchern in der Hauptstadt
Henning Hoffgaard

Intellektuelle Rechte? Halt’s Maul!“ Knapp 15 Linksextremisten haben sich vor dem Logenhaus in Berlin-Wilmersdorf versammelt. Die Polizei ist mit mehreren Mannschaftswagen vor Ort, um den zweiten „Zwischentag“ zu sichern. Knapp 40 Aussteller (Verlage, Künstler, Burschenschaften und Kulturhandwerker) präsentierten dort am vergangenen Wochenende ihr Sortiment. Etwa 700 Besucher zählte die von Götz Kubitschek (Verlag Antaios) veranstaltete Messe. Kein einfaches Unterfangen. Unter linkem Druck hatte der Vermieter zunächst die Räume gekündigt. Kubitschek war es gelungen, die Kündigung nach Gesprächen wieder rückgängig zu machen.

Vor der Tür knipsen drei Antifa-Fotografen die eintreffenden Gäste. Bevorzugtes Fotomotiv sind Funktionäre der NPD. Eine Handvoll von ihnen sind gekommen, darunter ein Landtagsabgeordneter aus Sachsen. „Sie waren nur als Gäste dort“, sagt Kubitschek. Projekte, die „vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft werden“, seien nicht willkommen. Dies gelte auch für parteinahe Organisationen und Stiftungen.

Gab es im vergangenen Jahr mit der Debatte zwischen dem Historiker Karlheinz Weißmann und Michael Stürzenberger (Die Freiheit) über den Islam noch ein wirkliches Streitthema, blieben offene Kontroversen in diesem Jahr aus. Spannung hatte vor der Messe noch die Veranstaltung zur Deutschen Burschenschaft (DB) versprochen. Ein eingeladener Kritiker des Dachverbandes hatte jedoch kurz zuvor abgesagt. So blieb es am Chefredakteur der Verbandszeitung Burschenschaftliche Blätter, Michael Paulwitz, sich den Fragen des Publikums stellen. Das wollte vor allem über die Bedeutung des volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffes reden. „Die Debatte darüber hat schlecht begonnen“, unterstreicht Paulwitz. „Es ging zu Beginn viel zu sehr um Äußerlichkeiten.“ Hintergrund war der Streit innerhalb der DB, ob ein chinesischstämmiger Student mit deutschem Paß Mitglied bleiben dürfe. Er durfte.

Allen paßt das nicht. „Deutsch bleibt deutsch“, ruft ein Zuhörer. Die Prinzipien der Burschenschaft dürften nicht aufgeweicht werden. Paulwitz sieht das differenzierter: „Deutschland hat schon immer neue Menschen aufgenommen.“ Etwa die Hugenotten. Das Problem heute sei, daß die Zuwanderer nicht mehr integriert werden könnten. „Es kommen einfach zu viele.“ Kurzes Gemurmel. Dann ist die Zeit auch schon vorbei.

Und Gabriele Adinolfi? Der Auftritt des italienischen Publizisten und Vordenkers des neofaschistischen Projektes Casa Pound hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. Ihm wird angelastet, 1980 in einen Anschlag in Bologna verwickelt gewesen zu sein, bei dem 85 Menschen starben. Einem Haftbefehl entzog er sich durch eine Flucht nach Frankreich. Kubitschek bittet den 59jährigen, ein paar Worte zu den Vorwürfen zu verlieren. Adinolfi will dazu nicht viel sagen. Eine Verantwortung für die Tat weist er von sich. Drahtzieher seien italienische Linksextremisten gewesen. Eine Diskussion darüber, ob der italienische Faschismus für Konservative anschlußfähig sein kann, kam gar nicht auf und sah das Konzept der Messe nicht vor.

Auch bei Márton Gyöngyösi bleiben Fragen offen. Auf dem offiziellen Programm tauchte der Name des ungarischen Jobbik-Politikers nicht auf. Einen Vortrag hält er trotzdem. Eine halbe Stunde spricht er über die Probleme Europas und fordert einen „intellektuellen Unterbau für das traditionalistische Lager“. Daß Gyöngyösi in der Vergangenheit vor allem durch als antisemitisch kritisierte Reden auf sich aufmerksam gemacht hat, erfahren die Zuhörer nicht. 2012 hatte er gefordert, Juden, die für den ungarischen Staat arbeiten, registrieren zu lassen. Später hatte er sich für die Äußerungen entschuldigt. Er habe damit nur ungarische Juden mit einer israelischen Staatsangehörigkeit gemeint.

Die Absage des Kontrahenten bei der DB-Debatte kann auch damit zusammenhängen, daß das Konzept der Messe immer mehr eine Schlagseite bekam. Dies hatte schon im Vorfeld zum Rückzug von Ausstellern geführt. So hatten die JF und die Bibliothek des Konservatismus ihre Teilnahme abgesagt. Ob es im kommenden Jahr wieder einen „Zwischentag“ geben wird, ist fraglich. Kubitschek kündigte an, die Organisation in die Hände von Felix Menzel, Chefredakteur der Blauen Narzisse, zu legen. Die gewünschte politische Verbreiterung der Messe dürfte jedoch nur gelingen, wenn es zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung über „rechte“ Positionen kommt.

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