© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/13 / 18. Oktober 2013

Anbieter zahlen drauf
Groupon: Die digitale Schnäppchenjagd gleicht einem Strohfeuer, das kurz lodert und viel Asche zurückläßt
Toni Roidl

Wer greift als Verbraucher nicht gerne zu Rabatten und Sonderangeboten? Wenn’s was umsonst gibt, geht im Verstand aber oft das Licht aus. Darum machen sich clevere Unternehmer den Schnäppchenjagdtrieb mit reizstarken Geschäftsmodellen zunutze.

Einer der größten weltweiten Spieler in diesem Segment ist Groupon. Das Kofferwort aus Group und Coupon erklärt das Prinzip: Das Unternehmen bietet im Internet einen Rabatt für Waren oder Leistungen, wenn genügend Teilnehmer das Angebot wahrnehmen. Groupon ist neben über dreißig weiteren Ländern auch in Deutschland aktiv und streitet mit Konkurrenten wie Daily Deal um die Marktführerschaft. Die Anbieter sind lokale Firmen, die zum Beispiel einen Friseurtermin, eine Fensterreinigung oder ein Abendessen im Restaurant spendieren. Klingt simpel und genial – doch tatsächlich zahlen sowohl die teilnehmenden Betriebe als auch die Kunden oft drauf.

Zehn Prozent der Groupon-Anteile halten die drei legendären Kölner Samwer-Brüder, die als Multimillionäre Internet-Startups mit hohem Risisko finanzieren (Jamba, MySpace, Zalando).

Die Leistung von Groupon besteht darin, den Kooperationspartnern über seine Internetplattform Kunden zu verschaffen. Dafür streicht Groupon eine Provision von durchschnittlich 50 Prozent des Bruttopreises ein. Groupon kassiert die Provision auch, wenn der Gutschein gar nicht eingelöst wird.

Die hohe Provision und der Kundenrabatt minimieren den Gewinn für den Kooperationspartner auf gut ein Viertel des normalen Verdienstes. Der soll dafür vom Werbeeffekt profitieren. Doch von den Schnäppchenjägern lassen sich nur die wenigsten als regelmäßige Kunden halten, die das Angebot auch ohne Rabatt nutzen.

Der sprunghaft erhöhte Zulauf stellt viele teilnehmende Betriebe zudem vor logistische Probleme: Restaurants sind plötzlich auf Wochen ausgebucht. Bei Online-Läden dehnen sich die Versandzeiten. Dienstleister kommen mit den Terminen nicht hinterher.

Das wiederum führt zu Unzufriedenheit bei Kunden. Die lassen ihre Wut meist nicht an Groupon aus, sondern am Kooperationspartner. Die Internetforen sind voll von Negativ- Kommentaren enttäuschter Gutschein-Käufer. Oft werden die Unternehmen dann schlecht bewertet, womit sich der Marketingwert der Aktion ins Gegenteil verkehrt.

In die Presse schaffte es der Fall einer selbständigen Reinigungsunternehmerin aus Hamburg, die zu Werbezwecken fünfhundert Gutscheine verteilen wollte. Groupon verbreitete nach ihrer Darstellung jedoch mehr als siebenhundert Coupons, so daß sie die Aufträge nicht mehr bewältigen konnte. Zudem hatte Groupon „durch einen Übertragungsfehler“ auch noch „inklusive Putzmaterial“ in die Anzeige gesetzt, wodurch die Anbieterin Aufträge absagen mußte, um zusätzliche Kosten abzuwenden. Verärgerte Kunden drohten deswegen mit Prozessen.

Gegenüber dem Spiegel behauptete ein angeblicher früherer Groupon-Mitarbeiter, daß die Kooperations-Agenten gerne die Zahl der Gutscheine über die von den Firmen festgelegte Zahl hinaus erhöhen, um damit ihre Provision zu steigern. Fakt ist: Die Hamburger Reinigungsfrau ist nicht die einzige Unternehmerin, die sich in Internetforen über zu viele kursierende Coupons beschwert.

Besonders kompliziert wird es bei Reklamationen, denn hier schieben sich Groupon und die lokalen Firmen gegenseitig die Zuständigkeit zu. Kunden, die nicht nach wochenlangem Hin und Her aufgaben, erstattete Groupon „kulanterweise“ den Kaufpreis als Guthaben auf ihrem Nutzerkonto.

Doch nicht nur Kunden und Partner beschweren sich, auch Behörden: Groupon bekam Ärger mit der US-Börsenaufsicht und der britischen Wettbewerbsbehörde. Grund waren im nachhinein nach unten korrigierte Quartalszahlen und unkorrekte Preisangaben. Der Börsenwert des einstigen Internet-Überfliegers ist erheblich geschrumpft. Die Wirtschaftswoche warnte Unternehmer ausdrücklich vor Rabatt-Webseiten.

Vielleicht erhöht die Katerstimmung ja die Bereitschaft der Verbraucher, für gute Leistung auch einen angemessenen Betrag zu bezahlen.

Digitale Rabattvermittler www.groupon.de www.letbuyit.de www.dailydeal.de

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