© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/13 / 25. Oktober 2013

Grüße aus Santiago de Cuba
Holzauge, sei wachsam
Alessandra Garcia

Bis Ende November dauert in der Karibik die Hurrikan-Saison. Im vergangenen Jahr benötigte der Hurrikan „Sandy“ am 25. Oktober nur fünf Stunden, um Teile der alten Provinz Oriente zu verwüsten. Die Spuren sind noch allerorts sichtbar. Die Hauptkirche Santiago de Cubas trägt seitdem keine Kreuze mehr auf ihren Turmhauben. Auf 4,7 Milliarden Dollar wurden die allein in Santiago entstandenen Schäden geschätzt.

So groß die materiellen Verluste auch sind, größere Verluste an Menschenleben sind uns erspart geblieben. Eine Studie des Instituts für angewandte Systemanalyse im österreichischen Laxenburg glaubt jetzt herausgefunden zu haben, warum. So soll es Zusammenhänge zwischen der Zahl der Todesopfer und der Bildung der Bevölkerung geben. Dafür wurden die Folgen des Hurrikans „Jeanne“ (2004) in Kuba, Haiti und der Dominikanischen Republik untersucht. Damals kamen auf Haiti 2.700 Menschen ums Leben, in der Dominikanischen Republik 20 und auf Kuba niemand, weil die Kubaner vom Staat auf das Verhalten bei Katastrophen vorbereitet werden, so die Studie.

Nun könnte man spotten, daß das Leben auf Kuba materiell gesehen eine Katastrophe an sich ist, tatsächlich aber verfügt das Land über eine effektive Zivilverteidigung, die jährlich Katastrophenschutzmanöver durchführt. Aber diese Vorsorge hat einen Haken: Sollten Menschen zu Schaden kommen, steht der örtliche Zivilverteidigungschef dafür persönlich gerade. Es wird lieber einmal mehr evakuiert, als einmal zuwenig.

Deswegen glaubte ich vor genau einem Jahr, einem Hurrikan der Kategorie 2 trotzen zu können. Ich bestach einen Taxifahrer mit guten Worten und Geld, mich nach Santiago zu bringen. Die Begegnung mit „Sandy“ war dann der schiere Horror. Doch wir hatten Glück. Der Fahrer landete mit Knochenbrüchen im Krankenhaus, ich kam mit dem Schrecken davon, das Auto war Schrott.

Wenn die Studie jetzt zu der Erkenntnis kommt, daß das „außergewöhnlich hohe Bildungsniveau“ eine wichtige Rolle beim Umgang mit Katastrophen spielt, kann ich nur lachen. Wir Kubaner sind letztlich genauso leichtsinnig wie unsere Nachbarn. Nur sind wir von klein auf erzogen, den Anweisungen der Regierung zu folgen und marschieren brav in feste Quartiere, wenn es gefordert wird. Bei Zuwiderhandlungen folgt die Strafe auf dem Fuß. Ich jedenfalls werde den Weisungen folgen.

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