© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/13 / 01. November 2013

Grüße aus Rom
Immer die Radfahrer
Paola Bernardi

Der Weg hinauf zum Kapitol in Rom ist steil. Und während ich auf die Reste des Forums schaue, wird die Stimmung jäh durch schrille Trillerpfeifen zerstört. Ein falscher Schritt von mir und der herabsausende Radfahrer hätte mich um ein Haar erwischt. Der wie ein Marsmensch mit schneidigem weißen Helm von oben heranbrauste, war Roms Bürgermeister Ignazio Marino, ein radelnder Robin Hood im verkehrsumtosten Rom. Begleitet von zwei Polizisten, ebenfalls auf dem Rade.

Vor vier Monaten ins Amt gewählt, will Marino, der linke Senator von der Partito Democratico (PD), der in einer Stichwahl gegen den früheren rechten Bürgermeister Gianni Alemanno gewann, die römischen Verkehrsprobleme vor allem mit dem Fahrrad lösen.

Während seiner Wahlkampagne hatte der gebürtige Genuese den Römern mehr Lebensqualität versprochen. Zu seinen ersten Wahlversprechen gehörte die Errichtung einer Fußgängerzone mitten im Herzen des antiken Roms.

Die Via dei Fori Imperiali, die Prachtmeile von der Piazza Venezia hin zum Kolosseum, ist für den Autoverkehr nun gesperrt. Zwar dürfen Busse und Taxen fahren, sonst jedoch ist die große römische Verkehrsader, die einst Mussolini schuf, um seine Paraden abzuhalten, nur Fußgängern und natürlich Radlern vorbehalten. Doch so romantisch auch diese Idee ist – Bürgermeister Marino träumt sogar noch weiter von einem riesigen archäologischen Park bis hin zu den Stadtmauern und der Via Appia Antica –, der ohnehin täglich zusammenbrechende chaotische Verkehr in Rom ist nun noch stärker angewachsen.

Für Anwohner an den Ausweichstraßen hat das blanke Chaos begonnen: erhöhter Lärmpegel, Abgase, und hinzu kommen noch die Parkplatzprobleme. Vor allem für die Geschäfte ist die neue Fußgängerzone eine Katastrophe, da nun die motorisierte Stammkundschaft wegbleibt.

Schon haben sich Bürgerkomitees zu Justizklagen zusammengetan. Doch Roms Bürgermeister träumt und radelt. Letzteres hat bereits Schule gemacht, vor allem bei den Nordeuropäern. Doch sie unterschätzen die engen steilen Straßen – immerhin ist Rom auf sieben Hügeln erbaut – mit ihrem holprigen Kopfsteinpflaster. So mancher hat seinen römischen Ausflug nach einem Sturz im Krankenhaus beendet. Selbst Marino landete neulich auf dem Pflaster und mußte mit zerrissener Hose zur Pressekonferenz kommen.

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