© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/13 / 01. November 2013

Schattenseiten des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg
Erfolg treibt Wohnungspreise
Markus Brandstetter

Es gibt zwei konkurrierende Theorien, die erklären, wie Immobilienpreise entstehen. Der erste Ansatz besagt, daß Investoren und Spekulanten durch gezielte Käufe die Preise in bestimmten Städten und Regionen nach oben treiben, um damit einen Reibach zu machen. Die zweite These unterstellt, daß Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen. Die erste Verschwörungstheorie widerspricht der Markttheorie, die von einem halbwegs effizienten Markt ausgeht, um Preisbewegungen zu erklären.

Die Anhänger der ersten Theorie finden sich vor allem im rot-grünen Lager. Sie glauben, daß böse Menschen und ihre Organisationen die Märkte beeinflussen und absichtlich verzerren. Deshalb, so geht das Argument weiter, müssen Verordnungen und Gesetze her, die den Spekulanten das Handwerk legen und ihre angeblichen Opfer – damit sind in der Regel die Mieter gemeint – schützen. Die Anhänger der zweiten Theorie sehen das alles viel entspannter und sind der Meinung, daß der Markt die Preise schon richten wird und die vielen schönen Gesetze, die die Anhänger von Theorie eins planen, Mietern und kleinen Häuslebauern überhaupt nichts bringen.

Eine aktuelle Studie der Nürnberger Immowelt AG könnte vielleicht etwas Entspannung in diese verfahrene Diskussion bringen. Demnach ist es der Wirtschaftserfolg einer Region, der die Wohnungspreise in die Höhe treibt – und nicht Verschwörung und Spekulation. Bis zu 47 Prozent, so das Ergebnis dieser Studie, sind die Wohnkaufpreise in den 13 größten Städten in Baden-Württemberg von 2008 bis 2013 gestiegen. Sie folgten damit ziemlich genau der wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Städten. Anders ausgedrückt: Wo es gute Unternehmen gibt, die gute Stellen anbieten, dort zieht es die Leute hin, und da kaufen sie ihre Wohnungen und Häuser. Warum? Weil sie dort ordentlich Geld verdienen, weil sie es sich dadurch auch leisten können und weil so Nachfrage und Preise steigen.

Es ist schon erstaunlich, wie stark die Preise gestiegen sind und wo sich das genau abgespielt hat. Die größte Steigerung hat Freiburg aufzuweisen, dort haben sich die Preise für Wohnungen von 2.500 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2008 auf heute 3.660 Euro erhöht. Das entspricht einer Steigerung um fast die Hälfte. In Ludwigsburg und Konstanz haben die Preise um 37 Prozent, in Karlsruhe, Ulm, Stuttgart und Reutlingen um jeweils über ein Fünftel angezogen. Das Schlußlicht ist Pforzheim, wo ein magerer Anstieg um drei Prozent zu verzeichnen ist, der inflationsbereinigt sogar einem Preisrückgang gleichkommt.

Im Umkehrschluß ist das auch der Grund, warum die Immobilienpreise im Ruhrgebiet fast flächendeckend im Keller sind: weil es zu wenig gute Firmen und Arbeitsstellen gibt.

Immowelt-Marktbericht Oktober 2013: presse.immowelt.de

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