© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/13 / 15. November 2013

Christian Bernhardt, ehemals Soldat im Irak-Krieg, führt den Bund Deutscher Veteranen
Stimme der Heimkehrer
Lukas Lang

Am kommenden Sonntag, dem Volkstrauertag, werden die Veteranen der Bundeswehr nicht offiziell teilnehmen. Ab 2014 will der Bund Deutscher Veteranen (BDV) erstmals seinen eigenen Gedenktag, am 31. Mai, begehen. „Das Datum hat keinen historischen Bezug, sondern liegt als das Wochenende nach Fronleichnam einfach günstig“, erklärt Christian Bernhardt, Mitgründer und seit August neuer Vorsitzender des BDV.

Zuletzt absolvierte Bernhardt eine „pferdegestütze Psychotherapie“. Er sitzt auf dem staubigen Boden und raucht. Seine Arme umschlingen die Knie, die Augen starren ins Leere. „Bunkerhaltung“ nennt er das. Die Pferde helfen ihm, sich wieder zu konzentrieren, loszulassen. Denn in Bernhardts Kopf tobt immer noch der Krieg. Dabei ist der 36jährige Westfale schon seit zehn Jahren wieder in der Heimat. 2003 diente er als Unteroffizier der ABC-Abwehrtruppe während der US-Irakinvasion. Auftrag: die Amerikaner vor Giftgas schützen. Dann kamen die irakischen Raketen, denen Bernhardt hilflos ausgeliefert war.

„Herzlich willkommen, Wüstenhase“ titelte die Heimatzeitung, als der große Mann nach 47 Tagen Krieg bei seiner Rückkehr von der Freundin stürmisch in die Arme genommen wurde. Doch Bernhardt hatte sich verändert, die Angst vor Saddams Giftgas hatte ihn traumatisiert. Angst und Schlafstörungen hörten nicht auf, der Arzt diagnostizierte eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Doch die Bundeswehr leugnete einen Zusammenhang mit dem Irakeinsatz. Bernhardt aber gab nicht auf, stellte sich dem Behördenkrieg, in dessen Verlauf sich etliche Aktenmeter Dokumente sammelten. Erst nach acht Jahren, mehreren Wochen in einer Nervenklinik und zwei Selbstmordversuchen wurde Bernhardt als kriegsgeschädigt anerkannt.

„Das Parlament kommt seinem gesetzlichen Auftrag nicht nach“, es läßt die Veteranen allein, kritisiert Bernhardt noch heute. Es war diese Erfahrung, die ihn veranlaßte, 2010 mit Kameraden den BDV zu gründen, den einzigen Veteranenverband von Bundeswehrsoldaten, die im Einsatz gedient haben.

Inzwischen hat der Bund etwa tausend Mitglieder und führt seinen Kampf für deren Interessen mit Erfolg. Erstmals haben die Veteranen eine Stimme in der Öffentlichkeit. Und der BDV konnte etwa durchsetzen, daß sich für hilfsbedürftige Veteranen die Wartezeit auf ein Therapeutengespräch von bis zu sechs Monaten wesentlich verkürzt. Im Frühjahr brausten bei einer Gedenkfahrt auf schwarzen Motorrädern Veteranen durch Berlin, stolz zeigten dabei Mitglieder des BDV ihr Verbandsabzeichen, ein schwarzrotgoldenes „V“.

Mit dem Afghanistanabzug endet für die meisten Soldaten der Krieg. Doch ein Teil von ihnen wird in der Heimat weiterkämpfen müssen, für Anerkennung, Unterstützung und ihre Rechte.

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