© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/13 / 15. November 2013

DVD: Passion
Seelische Abgründe
Werner Olles

Christine (Rachel McAdams), die Chefin der Berliner Filiale einer weltweit agierenden New Yorker Werbeagentur ist jung, schön, ehrgeizig und skrupellos. Sie manipuliert ihre Mitarbeiter, treibt bizarre Fetisch-Sex-Spielchen mit ihren Liebhabern und pflegt andere gern für ihre Zwecke und zu ihrem Vorteil auszunutzen.

Als Isabelle (Noomi Rapace), eine ihrer Abteilungsleiterinnen, eine zündende Idee für einen neuen Werbespot hat, übernimmt sie diese kurzerhand und gibt sie gegenüber der New Yorker Führung als ihre eigene aus. Die geschockte Isabelle, die leichtsinnigerweise ein Verhältnis mit Christines Liebhaber eingegangen ist, wird dadurch immer tiefer in einen Strudel aus Macht, Geld und Verführung hineingezogen. Ihr Versuch, sich daraus zu befreien und ein neues Leben zu beginnen, endet schließlich in einer Katastrophe.

Mit „Passion“ (2012), dem Remake von Alain Corneaus „Liebe und Intrigen“ (2010), knüpft Brian De Palma dort an, wo er einst begonnen hatte: bei seinen optisch brillanten und effektvoll inszenierten Psychothrillern, etwa „Schwestern des Bösen“ (1972), „Carrie“ (1976) und „Dressed to Kill“ (1980). Nach Blockbustern wie „Scarface“ und „Mission: Impossible“ ist der Regisseur nun zurückgekehrt zu den Horrortrips seiner frühen Jahre, dem blutigen Spiel mit Gewalt und Neurosen, dem un- und unterbewußten Teil der menschlichen Psyche, dem Triebhaften und Irrationalen, das der Vernunft des einzelnen habhaft wird, seinen Verstand und seine Ethik ausschaltet, um ihn zu Handlungen zu treiben, die aus den dunkelsten Bereichen seines Inneren emporsteigen.

In einer Gegenwart, in der bei vielen der Analytiker schon fast zur Familie zählt, setzt der moderne Psychothriller diese seelischen Abgründe in Bilder um. Es war Alfred Hitchcock, der 1960 mit „Psycho“ einen Alptraum schuf, der mit dem Schrecken des Zuschauers spielte. Brian De Palma, ein Hitchcock-Epigone, hat die Begeisterung für sein Vorbild nie verhehlt. Er avancierte zum verhätschelten Wunderkind Hollywoods, indem er eine dekadente, destruktive und selbstzerstörerische Welt zeigt, die dem Untergang geweiht ist. Dennoch sind Filme wie „Passion“ vielleicht weitaus mehr ein Spiegelbild unserer Zeit, als wir es uns eingestehen.

DVD: Passion. Ascot Elite 2013, Laufzeit etwa 98 Minuten

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