© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/13 / 15. November 2013

JF-Serie über historische Bild-Legenden (Teil II): Rechtsextreme Femgerichte
Deutscher Ku-Klux-Klan?
(JF)

Das Bild aus dem Jahr 1925 macht einen geradezu unheimlichen Eindruck. Eine Gruppe von acht Personen steht in einem Halbkreis um einen Tisch. Alle tragen weiße, spitz zulaufende Kapuzen mit Sehschlitzen sowie einen weißen Umhang. Die Assoziation mit dem damals in den Vereinigten Staaten wieder aufkeimenden Ku-Klux-Klan ist nicht zufällig gewählt. Zwei der vermummten Gestalten tragen einen Säbel – die Waffe des Offiziers. Ein dritter hält aus seinem Umhang heraus einen Dolch; traditionell ebenfalls eine soldatische Waffe, aber, da sie sich leicht verstecken ließ, auch die Waffe der heimtückischen Mörder. Auf dem vor ihnen stehenden Tisch liegt eine Fahne mit Hakenkreuz, stehen zwei Kerzenleuchter und zwei Kruzifixe. Die Fahne ist die der Deutschvölkischen Freiheitspartei, nicht der Nationalsozialisten. Vor dem Tisch ein junger Mann mit Maske. Ist er Angeklagter vor einem Femgericht? Oder handelt es sich um eine Aufnahmezeremonie? Faktum ist, daß im Jahr der Veröffentlichung in ganz Deutschland über die Femgerichte der „Schwarzen Reichswehr“ diskutiert wird, die angeblich laufend Verräter aus ihren eigenen Reihen zum Tode verurteilt. Doch das Bild stellt nicht dar, was es vorgibt. Tatsächlich sind alle Herren Beamte der preußischen Polizei, die in ihren führenden Positionen in der Hand der Sozialdemokratischen Partei war. Durch die Polizei wurde das Foto offenbar auch an die Tagespresse weitergeleitet, wo es einige Tage für einen Skandal sorgte, bevor die Fälschung öffentlich aufflog.

Hans Becker von Sothen: Bild-Legenden. Fotos machen Politik. Fälschungen, Fakes, Manipulationen. Ares Verlag, Graz 2013, gebunden, 272 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro

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