© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/13 / 15. November 2013

Meldungen

Der Flaneur als Forschungsobjekt

BERLIN. Der Minimaldefinition zufolge ist der Flaneur ein Mensch, „der sehenden Auges durch die Stadt geht und über das Gesehene reflektiert“, ein philosophischer Spaziergänger, der, wie es ein französischer Autor schon 1841 formulierte, mit den Ohren eines Hasen und den Augen eines Luchses die Stadt durchstreife. Vor allem der deutsch-jüdische Essayist Walter Benjamin (1892–1940) hat die literarische Figur des Flaneurs, wie sie etwa in Texten von Baudelaire oder Aragon präsent ist, zum Ausgangspunkt von Reflexionen über die Strukturen modernen Daseins gemacht, in denen Begriffe wie Reizüberflutung oder Entfremdung zentral sind. Allerdings fehle bei ihm eine konsistente Theorie des Flaneurs, wie der Germanist Wolfgang G. Müller betont (Literaturwissenschaftliches Jahrbuch, 54/2013). Der Marxist Benjamin neige außerdem zu „radikal ökonomischen“ Verkürzungen, wenn er unter den urbanen Wandlern primär den Journalisten exponiert, der seine Beobachtungen als Ware verwertet. Stattdessen gelte es jenseits solcher Reduktionen den Flaneur und erst recht „weibliche Flaneur-Figuren der Moderne und Postmoderne“ als vielschichtiges Kulturphänomen zu entdecken. (wm)

www.duncker-humblot.de

 

Genderfragen: Jagten auch die Steinzeitfrauen?

WASHINGTON. Vereinzelte Handabdrücke neben steinzeitlichen Felsmalereien wie in der Chauvet-Höhle in Südfrankreich zählen zu den ältesten Zeugnissen menschlicher Kunst. Und da sie sich stets im Kontext mit Jagdszenen finden, ging man bisher ganz selbstverständlich davon aus, daß sie von Männerhänden stammen. Nun jedoch hat Dean Snow, ein Anthropologe von der Pennsylvania State University, systematisch alle Handabdrücke in den Höhlen Südfrankreichs und Spaniens untersucht und kam dabei zu dem überraschenden Ergebnis, daß diese zu 75 Prozent von Frauen stammen. Dies ermittelte er zweifelsfrei anhand der Fingerlänge: Bei Männern ist der Ringfinger in der Regel sichtbar länger als der Zeigefinger, anders als bei Frauen (American Antiquity, 4/2013). Nun bleibt abzuwarten, ob Snows Befund Genderexperten auf den Plan rufen wird. Denen läßt sich dann nur entgegnen, daß der Stichprobenumfang mit 38 Abdrücken, die alle aus der Zeit von vor 35.000 Jahren stammen, doch relativ klein ist. (wk)

www.saa.org

 

Erste Sätze

Wann er schwimmen gelernt hatte?

John Henry Mackay: Der Schwimmer. Die Geschichte einer Leidenschaft, Berlin 1901

 

Historisches Kalenderblatt

18. November 1803: Der Aufstand der Schwarzen auf Hispaniola aufgrund der von Napoleon wieder eingeführten Sklaverei führt durch den Sieg in der Schlacht von Vertières gegen die französische Kolonialmacht endgültig zur Unabhängigkeit Haitis.

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