© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/13 / 15. November 2013

Welträtsel – fast alle gelöst
Unterwegs mit dem Sinnsucher Frido Mann
Justus König

Als Enkel Thomas Manns 1940 in Kalifornien in eine hochbegabte Familie hineingeboren, konnte Frido Mann sich lange nicht entscheiden, welches seiner vielen Talente zu einem Brotberuf taugte. Zunächst auf die Musik zusteuernd wie sein Vater Michael, der jüngste Sohn des „Zauberers“, dann, zum Katholizismus konvertiert, ein Theologiestudium bis zur Promotion vorantreibend, sattelte er schließlich um auf Seelenkunde.

Diese bewegte Biographie scheint persönlich zu beglaubigen, was Manns Essay über „Das Versagen der Religion“ als Krankheitssymptome unserer Epoche präsentiert: „Die äußere und innere Atemlosigkeit“ der Gesellschaft, die „Labilisierung“ sozialer Beziehungen, „Desorientierung und emotionale Verunsicherung“, die Erosion fester, überlieferter Werte. Eine Klage, die in der Warnung mündet: „Unsere aus den Fugen geratene Zivilisation steht am Abgrund des Zusammenbruchs einer lebenswerten sozialen Ordnung und eines für den Weltfrieden notwendig bleibenden Wertsystems.“ Mann, der 2009 die ihm fremd gewordene katholische Kirche wieder verließ, ist sich gewiß, daß die drei monotheistischen Religionen den drohenden Zusammenbruch jedenfalls nicht aufhalten können.

Stattdessen offeriert dieser Sinnsucher seine eklektische Privatreligion. Sie speist sich wesentlich aus philosophischen Deutungen der das materialistisch-mechanistische Weltbild ersetzenden Quantentheorie. In Manns die Lösung aller Welträtsel suggerierenden Auslegung weist dieses Sinnangebot witzigerweise auf den Ausgangspunkt seiner eigenen spirituellen Existenz zurück, zur Taufe in der eher humanistisch-pantheistischen Unitarischen Kirche in Los Angeles, die sein Großvater für ihn ausgesucht hatte und der Thomas Mann selbst am nächsten stand.

Das erschütterte „Wertebewußtsein“ soll sich für Enkel Frido in „Tiefenerfahrungen“ erneuern, die zwar auch, aber nicht exklusiv religiös zu erschließen sind. Denn in Kultur und Natur öffneten sich viele alternative Wege zu „Lebenssinn und Grundvertrauen“. Wie mit dieser wenigen Schöngeistern vorbehaltenen „inneren Wandlung“ die den Autor verstörende „Entwurzelung der Menschen durch Migration“ gestoppt oder gar der „Weltfrieden“ gesichert werden soll, bleibt allerdings ein Rätsel.

Frido Mann: Das Versagen der Religion. Betrachtungen eines Gläubigen, Kösel Verlag, München 2013, gebunden, 172 Seiten, 16,99 Euro

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