© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/13 / 22. November 2013

SPD öffnet sich der Linkspartei auf Bundesebene
Braut auf Abwegen
Paul Rosen

Wenn die Braut auf dem Weg zum Standesamt mit einem potentiellen Liebhaber telefoniert, wird aus der zu schließenden Ehe kaum noch etwas werden. Ähnlich ist die Prognose für die geplante Große Koalition in Berlin. In einem ungeheuerlichen und einzigartigen Vorgang haben die Sozialdemokraten auf ihrem Leipziger Parteitag eine Kehrtwende vollzogen und die Möglichkeit einer Koalition mit der SED-Nachfolgepartei Die Linke auf Bundesebene ausdrücklich in ihre Optionsliste aufgenommen. Damit existiert das Bündnis von CDU/CSU und SPD, sollte es überhaupt noch geschlossen werden, nur noch auf Abruf.

Für die deutsche Linke geht ein Traum in Erfüllung. Sie kann – in Abwandlung des alten Franz-Josef-Strauß-Mottos – getrennt schlagen und vereint gewinnen. Diese Konstellation aus SPD, Grünen und Linkspartei hat die Chance, im nächsten Bundestag eine Mehrheit zu erhalten und einen Kanzler zu wählen. Das ist weniger Ausdruck linker Stärke, sondern mehr bürgerlicher Schwäche. Das amorphe Gebilde namens CDU läßt keine Positionen und keine Haltung mehr erkennen, sondern übernimmt, was linker Zeitgeist und Öffentlichkeit wollen – vom Mindestlohn bis zur Frauenquote und möglicherweise noch zur Homo-Ehe. Auch wenn die neue Regierung über eine 80-Prozent-Mehrheit im Bundestag verfügt – stabil ist sie nicht.

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