© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/13 / 22. November 2013

Grüße aus Kapstadt
Gutmensch-Missionare
Yorck Tomkyle

Die Spieler des VfB Stuttgart erwartet zu Beginn des nächsten Jahres ein ganz besonderer Höhepunkt: Zwischen dem 7. und dem 16. Januar fliegen sie als erste deutsche Bundesliga-Mannschaft nach Kapstadt ins Trainingslager, um sich im hochsommerlichen Meeresklima der Metropole am Kap der Guten Hoffnung auf die zweite Hälfte der Spielzeit vorzubereiten.

Der Trip, der von der Deutschen Fußball Liga (DFL) mit 250.000 Euro bezuschußt wird, diene aber nicht nur dem Training, wie aus der Führungsetage des VfB zu hören ist. Man wolle auch als „Botschafter der Bundesliga“ auftreten. Eine Mission, die außer mit dem obligatorischen Besuch auf Robben Island auch mittels eines Trainings in einem der Townships verwirklicht werden soll.

Die Höhe des „Zuschusses“ der DFL läßt vermuten, daß die Bundesliga-Botschafter wohl nichts davon mitbekommen werden, wenn sich die Proteste und Plünderungen, die das Zentrum von Kapstadt im Oktober erschütterten, in diesem Zeitraum wiederholen sollten. Man darf angesichts der Höhe des Zuschusses getrost davon ausgehen, daß die Spieler so untergebracht werden, daß derartige Details sie nicht in der Erfüllung ihrer Mission stören.

Im Oktober waren Hunderte Demonstranten durch die Innenstadt gezogen und hatten Geschäfte geplündert, Autos demoliert und sich heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Doch was in Hamburg am 1. Mai als traditionelles Kulturgut erscheint, ist für die Kapstädter neu, da sich die armutsbedingten Demonstrationen bisher weitgehend auf die Peripherie und die Townships beschränkten.

Hintergund ist neben den schlechten Lebensbedingungen vieler Schwarzer ein Machtkampf zwischen dem ANC und der die Stadt regierenden liberalen Demokratischen Partei. Da Kapstadt die einzige Metropole ist, die nicht vom ANC regiert wird, vermuten viele, daß die Proteste Teil einer ANC-Strategie sind, die Macht bei der Wahl 2014 zu erringen.

Die Stuttgarter, die sich in ihrer Botschafterfunktion „den Menschen zeigen“ wollen, sollten angesichts der grassierenden Armut am Kap überlegen, ob sie einen Teil des DFL-Zuschusses in eines der vielen wirklich sinnvollen Projekte in den Townships stecken könnten. Damit könnten sie ihren Teil dazu beitragen, die Situation zu entschärfen. Ihr Trip hätte dann sicher mehr Sinn als die Luxusreise mit Gutmenschenanstrich.

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