© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/13 / 22. November 2013

Traditionshäuser kapitulieren vor Ketten der Markenhersteller
Wenn Modekönige abdanken
Markus Brandstetter

Albert Eickhoff wird in wenigen Tagen 78 Jahre alt. 1961 hat er seinen ersten Modesalon im westfälischen Lippstadt eröffnet; 1978 hatte er seine erste Versace-Show. Drei Jahre später zog er mit dem Geschäft nach Düsseldorf, erst in die Königsallee 56 und dann, 1988, an die Kö 30, eine der ersten Adressen in der deutschen Millionärshauptstadt.

Hier wurde er schnell das Maß aller Dinge, wenn es um Luxusmode ging. In Fachkreisen auch „Der Pate“ genannt, nahm Eickhoff eine Ausnahmestellung unter den deutschen Modehändlern ein, er war die Referenzadresse für Luxusmarken schlechthin. Das ist in einem Geschäft, das sich alle zehn Jahre neu erfindet, eine außerordentliche Leistung. So lange war kaum ein Einzelhändler in der deutschen Modewelt so gut.

Nun hört Eickhoff auf. Obwohl sein Haus 2012 einen Umsatz von 27 Millionen Euro erwirtschaftete, schwarze Zahlen schreibt und auch für das laufende Jahr mit einem vergleichbaren Erfolg rechnet. Aus dem Traditionshaus wird im nächsten Jahr ein „Flagshipstore“ der französischen Modekette Dior.

Und das ist auch der Hauptgrund für das Aus: Es sind die strukturellen Veränderungen in der Vertriebskette des Modehandels selbst. Modehersteller und Markeninhaber wie Versace, Dior, Gucci, Prada oder Armani sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu den schärfsten Konkurrenten ihrer eigenen Händler geworden. Die Weltmarken haben alle ihre eigenen Geschäfte, oft nur ein paar Meter von ihren alten Vertriebspartnern, eröffnet. Zwei Gründe gibt es für diese Entwicklung, die früher als glatter Selbstmord in einer Branche gegolten hätte, die die traditionelle Aufteilung zwischen Hersteller, Großhändler und Einzelhändler stets respektierte: Zum einen sind aus allen Luxusmodemarken inzwischen den Globus umspannende Konzerne geworden, die in Zürich und in New York, in Paris und Dubai, in Hongkong und Moskau überall dieselben Produkte mit derselben Werbung in eigenen Läden und in allerersten Lagen anbieten.

In einer globalen Gesellschaft zählen nicht mehr Individualität, Beratung und ein persönliches Verhältnis zur vertrauten Modeverkäuferin, sondern eine universal erkennbare Marke, unter deren Schutz überall dasselbe verkauft wird.

Der zweite Grund ist, daß internationale Modekonzerne, von denen immer mehr börsennotiert sind, viel mehr auf die Kosten achten müssen als noch in der Vergangenheit. Deshalb sparen sie, wo sie können, und da ist es natürlich schön, wenn man eine Vertriebsebene ganz einfach rausschmeißen kann.

Zwei Konsequenzen hat diese Entwicklung: Das Geschäftsmodell des inhabergeführten Modehauses steht vor seinem historischen Ende. Und sehr bald werden Luxusmoden auf der ganzen Welt gleich steril, unpersönlich und langweilig dargeboten werden. Aber das war vielleicht gerade der Zweck des Ganzen.

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