© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/13 / 22. November 2013

Die Entdeckung des „Geheimkrieges“
Enthüllungen: NDR und „Süddeutsche Zeitung“ befeuern die Debatte über die eingeschränkte deutsche Souveränität
Ronald Gläser

Leser der Süddeutschen haben sich am Montag die Augen gerieben. Heribert Prantl fragte, wie souverän wir wirklich seien und zitierte Carl Schmitt. Der Kommentator beklagt, daß es zwei Staatsgewalten in Deutschland gebe: die deutsche und die der amerikanischen Dienste.

Die Snowden-Enthüllungen der vergangenen Monate zeigen ihre Wirkung. Nun haben NDR und SZ nachgelegt und mit der Veröffentlichung einer Serie von Beiträgen begonnen, deren Recherche zwei Jahre zurückgeht. Der Motor der Geschichte ist der Geheimdienstkenner John Goetz, der sowohl für die SZ als auch für den NDR arbeitet. Goetz war einer der Begleiter von Hans-Christian Ströbele, als dieser im Oktober Edward Snowden in Moskau besuchte.

Goetz’ Story begann mit der Frage, warum US-Kasernen in Deutschland bei Google Maps oft verschwommen aussehen. Sein Instinkt hat ihn nicht getäuscht: Die Satellitenbilder wurden unkenntlich gemacht. So wie DDR-Landkarten dort weiße Flecken zeigten, wo MfS-Gebäude waren. Also suchte Goetz die Anlagen auf. Er schickte kleine Kameradrohnen los und filmte die Häuser von einer Hebebühne aus. Er kam als erster auf die Idee, die NSA-Abhöranlagen auf dem Dach der US-Botschaft mit Wärmekameras zu überprüfen, sagt er.

Fast immer versuchten deutsche oder ausländische Uniformierte, ihn zu verscheuchen. „Die kamen schon manchmal mit einer Maschinenpistole“, berichtet er schmunzelnd. Am Ende sei es immer gut ausgegangen. Die Enthüllungen seiner Gruppe machen hingegen sehr nachdenklich: Sie reichen von illegalen Festnahmen an deutschen Flughäfen bis zu von Deutschland aus organisierten Drohneneinsätzen im Nahen Osten und Steuergeldern für CIA-Tochterfirmen.

Geheimer Krieg. NDR-Netzseite über US-Geheimdienstaktivitäten in Deutschland und Titel eines gleichnamigen Buches von John Goetz und Christian Fuchs (Rowohlt, 2013, gebunden, 256 Seiten, 19,95 Euro). Am 28. 11. Schwerpunkttag in der ARD mit monothematischer Magazinsendung „Panorama“

www.geheimerkrieg.de

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