© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/13 / 29. November 2013

Gerald Hörhan. Der berüchtigte Investmentpunk hat wieder zugeschlagen
Brecht die Regeln!
Ronald Gläser

Der Anpassungsdruck unserer Zeit kann einem mächtig auf den Senkel gehen. Gerald Hörhan prangert ihn als „das Kontrollsystem“ an. Es bestehe aus Schildern und Pfeilen, die uns den Weg zeigen. Wenn wir folgen, werden wir zu Systemtrotteln.

Der erfolgreiche Manager, Investor und Publizist mit den hochgegelten Haaren und der Punker-Kluft hat wieder zugeschlagen und ein schlaues Buch geschrieben, das das Zeug zum Verkaufsschlager hat. Er erklärt darin, „warum die Weicheier Karriere machen und wie ihr es trotzdem schafft“, so der Untertitel des eben erschienenen „Null-Bock-Komplott“. Die „Weicheier“, das sind für Hörhan jene Systemtrottel, die nicht selbst denken und nur versuchen, alles im Sinne des Systems richtig zu machen. Sie sind wie gemacht für einen Job in einem Großkonzern oder bei einer Behörde, wo alles geregelt ist.

Hörhan hat einmal mit Freunden nach einer Diskonacht in London eine Zigarette in einem Bus-Wartehäuschen angezündet. Sie wären wegen Rauchens in einem geschlossenen Raum fast von ein paar übereifrigen Bobbys festgenommen worden. Der 38jährige gebürtige Wiener und Aston-Martin-Fahrer arbeitet oft mit solchen Anekdoten. Er vermarktet sich damit als unangepaßter Rebell, als „Investment-Punk“. So lautete der Titel seines ersten Buches von 2010. In Wirklichkeit transportiert er eine Botschaft, die ebenso rebellisch wie liberal ist: Brecht die Regeln, bevor sie euch brechen!

Hörhan will das Publikum aufrütteln. Das gelingt ihm mit provokanten Auftritten und seinen gleichermaßen kurzweiligen wie aussagekräftigen Büchern. Die beiden ersten Bücher waren voll mit Tips zur Karriere und zum Geldverdienen. Nun also ein Buch darüber, wie man die Kontrollmechanismen von Staat und Gesellschaft umgeht. Er geißelt alles: Geschwindigkeitskontrollen, Sicherheitskontrollen oder Warnhinweise auf Zigarettenschachteln. Es ginge, so Hörhan, dem Staat in Wirklichkeit nur darum, die Bürger zu erziehen. Hörhan zeigt Möglichkeiten auf, das System auszutricksen.

Er rät generell zum Widerstand. Dieser könnte eine Lehmhütte im Wald sein – oder Auswanderung nach Lateinamerika. Da politische Veränderungen nicht zu erwarten seien, bleibt vor allem diese Option: das Leben in die eigene Hand nehmen. Hörhan rät zur Selbständigkeit, um sich dem Kontrollsystem der großen Konzerne zu entziehen und sein eigenes Ding zu machen.

Obwohl Österreicher, schreibt Hörhan genauso für bundesdeutsche Leser. Er ist als Geschäftsmann in Frankfurt am Main aktiv und kennt sich daher auch hierzulande bestens aus. Gelsenkirchen hat er gerade wegen der vielen Schuldner, Schulabbrecher und der niedrigen Einkommen zur faulsten Stadt Deutschlands erklärt. Hörhan liebt solche Provokationen. Für ihn ist das Aussprechen ungeschminkter Wahrheit der erste Schritt der Rebellion.

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