© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/13 / 06. Dezember 2013

Jörg Behlen will eine neue FDP und auf dem Parteitag Christian Lindner herausfordern
Einer will’s wissen
Christian Schreiber

Wie schlimm es um die FDP steht, erkennt man auch daran, daß jetzt ein Mann mit Rückgrat wie Jörg Behlen wortbrüchig werden muß. Vor Jahren hatte er seiner Frau Annette versprochen: „Nie in die Berufspolitik!“ Doch sollte der 45jährige am Wochenende in Berlin zum neuen FDP-Vorsitzenden gewählt werden, müßte ihn seine Gattin von dem Versprechen entbinden. Dann wäre viel Streß in Berlin und nur noch wenig Idylle im nordhessischen Marburg-Biedenkopf sicher.

Doch Jörg Behlen würde dies in Kauf nehmen. „Dickkopf“ nennen ihn Kritiker, Weggefährten dagegen schätzen seine Prinzipientreue und Geradlinigkeit. Es steht schlecht um seine FDP, und Jörg Behlen hat wenig Vertrauen, daß es mit dem voraussichtlichen neuen Vorsitzenden Christian Lindner besser werden wird. Da Euro-Rettungskritiker Frank Schäffler, Chef des Liberalen Aufbruchs, dem auch der Hesse angehört, keine Ambitionen hat, für den Vorsitz zu kandidieren, geht Behlen ins Rennen.

Dabei ist es ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen, hielt Behlen doch stets Distanz zum parteiinternen Establishment. Aber das spornt den bodenständigen Landwirt nur an. Bundesweit bekannt wurde er vor rund drei Monaten, als er mitten im Bundestagswahlkampf die Grünen öffentlich als „Ökofaschisten“ bezeichnete. Das hat ihm an der Basis hier und da Sympathie eingebracht, die Parteioberen gingen allerdings auf Distanz. Der hessische Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn dachte sogar über einen Parteiausschluß nach. Es gibt ohnehin einige Parteifreunde, die sich fragen, was Behlen in der in den vergangenen Jahren stets zwischen linksliberal und beliebig hin und her driftenden FDP wolle.

Tatsächlich ist er von seiner Grundstruktur her eher ein klassischer Konservativer. Als Student engagierte er sich in Gießen im CDU-nahen RCDS, doch den Beitritt zur Union vollzog er später nicht. „Die Lügen der bürgerlichen Koalition“ hatten ihm nicht gefallen: „Es war doch klar, daß man die Kosten der Wiedervereinigung nicht aus der Portokasse würde zahlen können, doch genau das hat man den Menschen weismachen wollen“, sagt er heute. Er trug sich schon einmal mit dem Gedanken, eine eigene Partei zu gründen, „was sicherlich konsequent gewesen wäre“, und landete schließlich doch in der FDP. Dort engagierte er sich als Chef des Kreisverbands Marburg bisher ausschließlich auf kommunaler Ebene. Gleichzeitig baute er mit seiner Frau einen florierenden landwirtschaftlichen Betrieb auf.

In sozialen Netzwerken ist Behlen höchst aktiv, er bezieht Stellung gegen die Euro-Rettung und argumentiert für den Erhalt der traditionellen Familie. Eine Niederlage am Wochenende fürchtet er nicht, schließlich geht es um die Sache – der Überzeugungstäter weiß: „Wenn man gehört werden will, dann muß man auch mal laut sein.“

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