© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/13 / 13. Dezember 2013

Gauck boykottiert Olympische Winterspiele
Nicht souverän
Thomas Fasbender

Offensichtlich sind wir aufgeklärten Neuzeitler nicht in der Lage, mit den alten Griechen zivilisatorisch mitzuhalten. Einmal in vier Jahren trafen sich ungeachtet aller Differenzen Sportler, Staatsmänner und Künstler im Olympischen Hain. Über ein Jahrtausend lang mit nur wenigen Ausnahmen. Der Schlüssel dazu war der vertraglich beschworene Olympische Friede, die Ekecheiria.

Wir dürfen annehmen, daß die Auffassungen von Recht und Herrschaft im antiken Griechenland grundsätzlich nicht weniger auseinanderklafften als heute auf der ganzen Welt. Also von dem, was man im allgemeinen „Gesellschaftspolitik“ nennt. Diese Differenzen auch ausblenden zu können, das ist Zivilisation. Doch der deutsche Bundespräsident zieht es nun also vor, „Zeichen zu setzen“. Dabei war seine Meinung schon vorher bekannt. Souverän wäre es von Joachim Gauck gewesen, trotzdem zu fahren. Erst recht.

Die relativ zurückhaltende Kritik aus Moskau an seinem Verzicht, die Olympischen Winterspiele in Sotschi zu besuchen, belegt, wie irrelevant die ganze Meldung eigentlich ist. Aus russischer Perspektive sind wir am realpolitischen Dialog ohnehin nur noch peripher interessiert. Deutschland wird sich entscheiden müssen. Falls Berlin seinen Kurs beibehält, gibt es in Rußland dafür eine treffende alte Weisheit: Auch andere Mütter haben schöne Töchter.

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