© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/13 / 13. Dezember 2013

Lieber Maultier als Esel
Politische Korrektheit: Sprachaufseher stören sich an der Verwendung des Ausdrucks „Mulatte“
Richard Stoltz

Einen Esel möchte sich niemand gern nennen lassen. Aber ein Maultier? „Du Maultier!“ – das klingt doch gar nicht so schlecht, besonders in unseren ökologiebewußten, tierfreundlichen Zeiten. Man assoziiert damit Arbeitseifer, zähes Durchhaltevermögen. Maultiere, so heißt es, vereinigen in sich die besten Eigenschaften von Pferd und Esel. A la bonheur!

Unzählige Mischlinge aus Negern und Weißen hatten denn auch jahrhundertelang nichts dagegen, als „Mulato“ (das spanische Wort für Maultier) registriert zu werden. Doch seitdem es neuerdings faktisch verboten ist, von „Negern“ zu sprechen, es nur noch „Schwarze“ gibt, ist auch der „Mulatte“ ins Visier der gutmenschlichen Sprachaufseher geraten. Diverse Anti-Rassismus-Iniativen werfen jetzt insbesondere Schulbuchverlagen die Verwendung des Ausdrucks „Mulatte“ vor. Diese Bezeichnung, so toben sie, sei diskriminierend, rassistisch, kriminell.

Was aber soll an ihre Stelle treten? Auch Wörter wie „Mischling“, „Farbiger“ oder „Brauner“ seien ja diskriminierend; andererseits sei es sehr unpraktisch, alle irgendwie Farbigen nach US-Vorbild behördlich oder medial als „Schwarze“ einzuordnen. Doch die Aufseher sehen einen Ausweg. Man solle, so fordern sie, alle bisherigen Mulatten künftig als „Alteuropäer“ führen. Denn die heute weißen Europäer stammten bekanntlich aus Afrika, ihre Ahnen seien alle irgendwie farbig gewesen, von schwarz bis hellbraun. In den Mulatten habe sich lediglich der Urzustand wiederhergestellt. Deshalb also für sie der Name „Alteuropäer“!

Praktischer wäre es aber doch wohl, zunächst einmal alle Sprachaufseher umzubenennen. Man sollte sie künftig nur noch „Esel“ nennen, vielleicht „Alt-esel“. Jedes echte Maultier würde das sehr begrüßen.

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