© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/13 / 13. Dezember 2013 u. 01/14 / 20. Dezember 2013

CD-Kritik: Arnold Mendelssohn
Lebhafte Wesen
Sebastian Hennig

Wer kennt die Musik von Mendelssohn? Sofern Felix gemeint ist, eigentlich jeder Inhaber eines Konzertanrechts. Aber wer kennt die seines Großneffen Arnold Mendelssohn? Im Repertoire der Kirchenmusik überlebte wohl das eine oder andere Stück von ihm. Das Reinhold-Quartett aus Leipzig lenkt nun die Aufmerksamkeit auf Mendelssohns späte Kammermusik. Da herrscht ein melancholischer Hintergrundton, auf dem sich manch lebhaftes Wesen regt. Im ersten Satz des Quartetts op. 83 werden diese vitalen Regungen geheimnisvoll verschleppt und abgebremst. Heftig anklopfend und dann wieder sich hinziehend bis zum Verstummen ist auch der Folgesatz. Der lebhafte Finalsatz ist von sinnlich fühlbarer musikalischer Intelligenz durchdrungen.

Mit wenigen Ausnahmen (Brahms, Pfitzner) haben die spätromantischen Heroen in der Kammermusik keine Ruhmestaten vollbracht. Bei Mahler und Genossen bemäntelt oft die effektvolle Instrumentierung sehr schlichte Einfälle, wie bei den Avantgardisten Bartok und Strawinsky die strukturelle Finesse frösteln macht. Mendelssohn, der „Klassizist mit romantischen Neigungen“, ist keiner dieser opernden Kapellmeister. Seine Kammermusik ist raffiniert und tief zugleich. Sie hat ein offenes Ohr verdient. Und ihr Komponist hat das Zeug, in der Musikgeschichte weit mehr zu gelten, als nur der Lehrer Paul Hindemiths zu sein.

Arnold Mendelssohn, Streichquartette op. 67 & 83 CPO

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