© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/13 / 13. Dezember 2013 u. 01/14 / 20. Dezember 2013

Umwelt
Ökologische Mäntelchen
Heiko Urbanzyk

Die Nachtspeicherheizung galt bis in die neunziger Jahre als saubere Alternative zum Öl- und Kohleofen: Tagsüber heizen und zu günstigeren Nachtstromtarifen aufladen. Das 2009 für 2019 verordnete Nachtspeicherverbot wurde zwar durch die Energieeinsparverordnung 2014 aufgehoben, doch hohe Heizstromkosten belasten die 1,4 Millionen betroffenen Haushalte. Die Bundespolitik empfiehlt deshalb weiter den Umstieg auf Gas- und Fernwärme. Dem Energiekonzern RWE reicht die Bestandsgarantie für Nachtspeicherheizungen mitnichten – er glaubt sogar an ihre Renaissance. Speicherheizsysteme seien ein wichtiges Instrument für das Gelingen der Energiewende, denn sie könnten überschüssigen Wind- und Sonnenstrom aufnehmen.

Nach Angaben des Essener Stromriesen produzieren die Solaranlagen auf deutschen Dächern bis zu 32.000 Megawatt. Aber die Produktionsspitzen fallen in die Mittagszeit, wenn der Strom nicht gebraucht wird. Dieses Überangebot soll nun tagsüber in Nachtspeicherheizungen aufgefangen werden. Heureka! Während alle Welt über die Speicherung der unkalkulierbaren Stromproduktion aus Wind und Sonne rätselt und dabei von Wasserstoff und Brennstoffzellen & Co. träumt, revolutioniert RWE die Energiewende mit Technik aus Opas Zeiten. Daß ein Energiegigant für den Erhalt und Ausbau von verschwenderischen Stromheizungen plädiert, überrascht nicht. Doch jeder Grundschüler findet den Denkfehler in der RWE-Rechnung: Die höchste Effektivität erreichen Solarzellen wann? Im Sommer! Der Deutsche heizt jedoch im Winter. Nach Kritik gestand RWE ein, daß die Heizungen nur teilweise mit Ökostrom betrieben werden könnten. Der Rest müsse aus Kohle- und Atomkraftwerken kommen. Wem die wohl gehören?

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