© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/14 / 03. Januar 2014

Alexander Gerst startet 2014 für Deutschland in die Weiten des Weltraums
Unser Mann im All
Paul Leonhard

Er kann unheimlich gut fotografieren. Bizarre Tropfsteine aus Eis beispielsweise. Diese leuchten bunt, wenn sie mit einer Taschenlampe angestrahlt werden. Oder linsenförmige Wolken, die sich kurz vor dem Entstehen schwerer Stürme gewaltig auftürmen. Auf seiner Netzseite „Planet3“ kann jeder sein atemberaubendes Foto-Universum besuchen. Als Jugendlicher hat Alexander Gerst die Welt ein Jahr lang mit dem Rucksack bereist, später als Geophysiker das Innere der Erde erkundet, jetzt will er auch das Äußere erforschen. 2014 wird Deutschland – nach sechs Jahren – endlich wieder einen Mann ins All schicken. Im Mai soll Alexander Gerst für uns in den Weltraum starten.

Der 37jährige aus dem hohenlohischen Künzelsau hat sich gegen Zigtausende Mitbewerber durchgesetzt und ist der einzige Deutsche unter den sechs neuen Raumfahrern des „Europäischen Astronautenkorps“ der Weltraum­agentur Esa. Gemeinsam mit einem Russen und einem US-Amerikaner wird er vom kasachischen Baikonur aus mit einem russischen Sojus-Raumschiff zur Internationalen Raumstation ISS fliegen und sechs Monate dort bleiben. Gerst wäre dann nach Thomas Reiter (2006) und Hans Schlegel (2008) der dritte deutsche Astronaut auf der ISS.

Dabei ist die bemannte Raumfahrt bekanntlich nicht unumstritten. Zu gefährlich, zu teuer, zu wenig effizient, sagen Kritiker. Gerst ist da anderer Meinung. Durchschnittlich zahle jeder Bürger eines Landes, das der Esa angehört, dafür gerade einmal zehn Euro pro Jahr, kontert Gerst. Natürlich soll er während der Mission wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Es geht um optimierte Brennkammern für Kraftwerke bis hin zur Zellforschung.

Mit seinem Flug erfüllt sich Gerst einen Kindheitstraum. Sein Großvater, der als Funkamateur Signale zum Mond schickte, weckte in ihm das Interesse an der Raumfahrt. Schließlich testete er auf der Achterbahn, ob sein Magen für einen Raumflug wohl robust genug sei. Damals wollte er alles über Dinosaurier, Stürme und Vulkane wissen sowie den Mond und die Mondlandung. Über die Eruptionsdynamik des antarktischen Vulkans Mount Erebus hat er später promoviert. „Den Elementen trotzen, die Natur finden, sechs Wochen bei minus 45 Grad ausharren“, schreibt Gerst über seine Antarktis-Expedition, auf der er seine „Grenzen finden“ wollte und von der er mit der Erkenntnis zurückkehrte: „Je extremer die Umstände, desto einfacher ist es, zusammenzuarbeiten.“

Dann gab er schließlich „dem Traum eine Chance“. Bleibt der Traum von einer bemannten Rückkehr zum Mond sowie die Suche nach außerirdischem Leben. Gerst glaubt daran. Um der Frage nachzugehen, sollten Menschen auch zum 55 Millionen Kilometer entfernten Mars fliegen, fordert Gerst. Er stände bereit!

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