© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/14 / 03. Januar 2014

Oft hilft nur die Flucht in die Kirche
Zentralafrika: Ein interner Machtkampf und ein Konflikt mit interreligiösem Potential machen das Land zu einem Pulverfaß
Bodo Bost

Zur Ehre Frankreichs gehört es, dort einzugreifen, wo Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt werden“, sagte der französische Präsident bei der Beerdigungszeremonie für zwei französische Soldaten im Pariser Invalidendom. Die beiden waren die ersten französischen Opfer eines Friedenseinsatzes im Auftrag der Uno, der Anfang Dezember begann. Die 2.000 Soldaten der Mission „Sangaris“ und die 6.000 Mann der „Internationalen Mission zur Unterstützung Zentralafrikas“ (MISCA) haben das Ziel, alle bewaffneten Gruppen und Milizen, die das Land terrorisieren, zu entwaffnen. Von einer Begrenzung auf sechs Monate, wie vor Beginn der Mission, ist keine Rede mehr.

Im März hatte ein Bündnis vorwiegend moslemischer Rebellengruppen mit dem Namen „Séléka“ Präsident François Bozizé gestürzt. Ihr Anführer, Michel Djotodia, ernannte sich zum neuen Staatschef. Djotodia entstammt einer Mischehe wie sie in Zentralafrika weit verbreitet sind, seine Mutter ist Christin und der Vater wie er selbst Moslem.

In dem katholisch geprägten Land machen die Moslems nur rund zehn Prozent der Bevölkerung aus. Seit dem Putsch ziehen die Séléka plündernd und mordend durch das Land, als ob es keine neue Regierung gäbe, die sie aufhalten will. Opfer der Séléka-Gewalt sind fast immer Christen und Anhänger von Naturreligionen. Die Angehörigen der christlichen Bevölkerungsmehrheit, die etwa 80 Prozent der Bewohner ausmachen, haben sich vielerorts in die christlichen Kirchengemeinden oder Klöster geflüchtet und zu Verteidigungsgruppen, den sogenannten „Anti Balaka“ zusammengeschlossen. Auch die Reste der alten Regierungstruppen, die FACA (Forces armées centrafricaine), die äußerst schlecht ausgerüstet sind, haben sich den christlichen Milizen angeschlossen.

Der eigentliche mächtige Mann der Rebellion ist nicht Präsident Djotodia, sondern General Noureddine Adam (43), der nach dem Putsch das Ministerium für öffentliche Sicherheit erhielt. General Adam gilt als Rivale des zwanzig Jahre älteren Djotodia. Er hat eine militärische Karriere in Sicherheitsdiensten in Ägypten, Israel und den Golfstaaten gemacht. Der Adam-Clan ist der mit Abstand mächtigste auf moslemischer Seite, in seinen Händen befindet sich das Amt des Imams der Zentralmoschee von Bangui, und das Diamantengeschäft, aus dem sich die Séléka-Rebellion finanzierte, wird von dem Clan beherrscht.

Nach den ständig wachsenden Übergriffen der Séléka wurde Noureddine Adam im August als Polizeichef abgesetzt, aber er wurde nicht entmachtet, sondern erhielt ein anderes Staatsministerium und soll immer noch ein geheimes Folterzentrum in Bangui leiten.

Entsprechend gab Präsident Djotodia mittlerweile zu, daß ihm die Führung der Séléka-Rebellion, die ihn an die Macht gebracht hat, entglitten sei.

Früh hat Frankreichs Präsident François Hollande deshalb – entgegen dem UN-Mandat – erklärt, seinen zentralafrikanischen Amtskollegen Djotodia möglichst schnell aus seinem Amt zu entfernen.

Anders als in Mali steht in Zentralafrika die Landesregierung nicht hinter dem französischen Militäreinsatz, und anders als in Mali, wo die Franzosen im Januar in einem innerislamischen Konflikt erfolgreich intervenierten, agieren sie in Zentralafrika in einem Konflikt der interreligiösen Charakter hat und damit vielmehr Sprengkraft besitzt, wenn es nicht gelingt, einen interreligiösen Versöhnungsprozeß herbeizuführen.

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