© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

Die Mobilmachung
Die Ausschreitungen von Linksextremen in Hamburg sind Ausläufer eines ideologischen Bürgerkriegs
Michael Paulwitz

Sturmangriffe auf Polizeiwachen, brennende Autos und Straßenschlachten mit Dutzenden verletzten Beamten, offene Aufrufe zum Schußwaffengebrauch gegen die Staatsmacht – der Pestgeruch des Bürgerkriegs liegt in diesen Wochen über Hamburg. Die Krawalle um das sogenannte „linksalternative Kulturzentrum“ namens Rote Flora markieren nicht nur einen neuen Höhepunkt der organisierten linksextremen Gewalt gegen Staat, Gesellschaft und Rechtsordnung, sondern auch der gewollten und gezielten medial-politischen Begünstigung. Das groteske Mißverhältnis zwischen eigener Wahrnehmung und offiziellem Herunterspielen führt zu unerwarteten Solidarisierungen aus der Bürgerschaft – nicht mit den Allmachtsphantasien des linken Krawallpöbels, sondern mit den zu Prügelknaben degradierten und im Stich gelassenen Polizeibeamten.

Während in Münchner Gerichtssälen mühselig darum gerungen wird, die Existenz und Staatsgefährlichkeit einer vor fast acht Jahren abgeschalteten mutmaßlichen rechtsextremen Terrorzelle zu belegen, wirft der Teppich, unter den der alltägliche linksextreme Straßenterror gekehrt wird, allmählich Beulen von Mittelgebirgsformat. Man braucht bei der Presseschau gar nicht erst die Begriffe „links“ mit „rechts“ oder „Autonome“ gegen „Neonazis“ zu vertauschen, um die Absurdität des öffentlichen Umgangs mit der linken Gewalt greifbar zu machen. Feuerwerkskörper auf Polizeibeamte – denen nur zu oft Steine oder Flaschen folgen – werden als „Protestfolklore“ abgetan; militante Angriffe auf die Staatsmacht finden sich zu „Ausschreitungen“ verniedlicht, als seien die Schwarzvermummten im Grunde ja brave Demokraten, bei denen nur einzelne Hitzköpfe mal über die Stränge schlagen; Dutzende schwerverletzter Polizisten werden nüchtern und achselzuckend als Quasi-„Kollateralschäden“ akzeptiert. Kein Ruf nach hartem Durchgreifen oder gar „Antifa“-Verbot, keine Terror-Ermittlungen, selbst wenn Sympathisanten im Internet ganz offen über Schußwaffengebrauch und „Bürgerkrieg“ räsonieren.

Bürgerkrieg ist es in der Tat, den die militante linke Szene im Hamburger Schanzenviertel, bei den Berliner Maikrawallen, in Leipzig, Dresden und an vielen anderen Orten proben (JF 38/13). Die Bürgerkriegsdrohung steckt schon in der scheinbar harmlosen und kritiklos nachgeplapperten Selbstbezeichnung der Gewalttäter als „Autonome“: Lossagung von und Angriff auf Rechtsstaat und Gewaltmonopol und der Anspruch, per Faustrecht das Privateigentum anderer zu beschlagnahmen, die Durchsetzung von Recht und Gesetz zu vereiteln und ganze Territorien unter eigene Kontrolle zu bringen.

Aufgehen kann diese Strategie nur dank willfähriger Helfershelfer in Politik und Medien. Letztere haben die linksextremistische Bürgerkriegsrhetorik bis weit in die sogenannte „bürgerliche“ Presse hinein verinnerlicht. Wenn in stereotyper Nachrichten-Stanzsprache „schwere Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten“ gemeldet werden, die sich „Straßenschlachten geliefert“ hätten, werden staatliche Hoheitsträger und gewalttätige Angreifer implizit auf dieselbe Legitimitätsstufe gestellt. Das ist nichts anderes als der innere Abschied vom staatlichen Gewaltmonopol als Grundlage des Rechtsstaates und von der Akzeptanz moderner staatlicher Ordnung überhaupt.

Die medialen Handlanger der linksextremen Gewalt sind, wie der Politikwissenschaftler Claus Wolfschlag zutreffend festgestellt hat, Produkte eines ideologisierten Bildungssystems unter grün-linker kultureller Hegemonie. Der Redakteur im vom Bürger zwangsfinanzierten Staatssender, der einen ehemaligen K-Gruppen-Aktivisten endlos unwidersprochen darlegen läßt, daß die Polizei an der linken „Gegengewalt“ selbst schuld sei, die grünen und linken Lokalpolitiker, die nicht in den Gewaltexzessen ihrer Gesinnungsgenossen, sondern in den Versuchen der Polizei zur Wiederherstellung der Ordnung eine Gefahr für die Rechte und Freiheiten der Bürger sehen – sie setzen Denkmuster und Reflexe um, zu denen sie bereits in Schulprojekten, Uniseminaren und Hochschulgruppen konditioniert worden sind.

Die realen Bürgerkriegsszenarien auf der Straße spiegeln den ideologischen Bürgerkrieg des „Kampfs gegen Rechts“. In der Logik der linken Inhaber der kulturellen Hegemonie ist es daher nicht paradox, sondern folgerichtig, wenn die frischgebackene zuständige Ministerin Manuela Schwesig (SPD) unter dem Pulverdampf linksextremer Krawalle ankündigt, sie wolle künftig staatlich subventionierten linken „Antifaschisten“ nicht mehr zumuten, einen Revers ihrer Verfassungstreue zu unterzeichnen.

Die Akzeptanz für solche Propaganda-Kapriolen schwindet allerdings in dem Maße, wie linke Systemumsturz-Phantasien die salonradikale Diskutierzirkel-Atmosphäre verlassen und zur handfesten Bedrohung für größere Teile der Bürgerschaft werden. Selbst die „alte Tante“ Zeit, die kürzlich jammerte, durch die Ausweisung der Hamburger Innenstadt als „Gefahrengebiet“ mit verschärften Polizeikontrollen würden „50.000 Hamburger unter Generalverdacht“ gestellt, mußte sich von ihren sonst so betulichen Lesern anhören, daß die Facebook-Seite „Solidarität mit den Beamten der Davidwache“ in wenigen Tagen noch weit mehr Unterstützer gefunden habe.

Daß Bürger sich spontan mit den an der Front alleingelassenen Polizisten solidarisieren, daß Medien die linke Gewalt kritischer zu betrachten beginnen und Politiker ein offeneres Ohr für die Forderungen der Beamten zeigen, die sie sonst aus Feigheit vor den Diskursherren gern im Regen stehen lassen, ist ein ermutigendes Zeichen, dem weitere folgen müssen. Denn der von links angezettelte reale Bürgerkrieg auf den Straßen wird erst dann in den Griff zu bekommen sein, wenn der vom Staat mit geschürte und finanzierte geistige Bürgerkrieg beendet wird.

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