© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

In Österreich ist manches anders
Ein Buch über die kleinen Unterschiede
Reinhard Liesing

Den Preußen Peter Meier-Bergfeld verschlägt es nach Österreich. Er begibt sich tief hinein in das Vorgefundene und vergewissert sich seiner Geschichte und Gegenwart. Nicht, daß er sich seines Preußentums entledigt hätte, aber er wächst, je mehr er danach sucht, in die Daseinsform des „Kakanischen“ hinein. Und tut dies in kleinen Geschichten, in 131 aus einem reichen Fundus „ausgesiebten“ und „aufgefetteten“ Artikeln seines journalistisch-publizistischen Schaffens.

Dies umfaßt Geschichte, Politik und Zeitgeschehen ebenso wie die eingehende Betrachtung von Bildungswesen, Kirche und Gesellschaft. Dabei fehlen keineswegs Seitenblicke nach Deutschland. Was der pointensichere Meier-Bergfeld in einer stilistisch vorzüglichen Sprache darbietet, ist mal ein Capriccio, mal eine Melange, manchmal ein großes Feuerwerk und nicht selten eine Tiefensonde.

Wir erfahren, daß in Österreich die Political Correctness bei weitem nicht jenen Rang einnimmt, den sie in der Bundesrepublik erreicht hat. Auch, daß ein „Österreich verrecke!“ auf Demonstrationsschildern undenkbar wäre. Und Hunderte von „Demonstranten“ verletzte Polizisten wie alljährlich zum 1. Mai in Berlin in Wien auszuschließen sind. Wirtschaftlich und sozial ist Austria mit Germania ungefähr gleichauf, mitunter sogar ein wenig besser.

Am spannendsten in diesem Buch zu lesen sind die Porträts: über den Salzburger Unternehmer Dietrich Mateschitz (Red Bull), den austrokanadischen Milliardär Frank Stronach, der mit einem Ausflug in die österreichische Politik scheiterte. Auch über den Künstler Alfred Hrdlicka, den man „Stalino“ nannte, sodann jenes über den preußischen Militärkapellmeister Gottfried Piefke, das über den Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer oder Christoph Kardinal von Schönborn.

Einmal noch lebt das kakanische Österreich auf in Meier-Bergfelds großartigen Reportagen über die Begräbnisse der Kaiserin Zita und ihres Sohnes Otto von Habsburg. Insgesamt bietet er, der „Kakanien mit der Seele sucht“ und es fand, ein farbiges Kaleidoskop mit Licht und Schatten. Man lernt das Beiläufige schätzen, das der begnadete Erzähler immer wieder einfließen läßt.

Peter Meier-Bergfeld: Ösis und Piefke – oder: Kakanien mit der Seele suchend. Essays, Reportagen, Interviews, Kommentare aus Austria. Books on Demand, Norderstedt 2013, broschiert, 500 Seiten, 29,90 Euro

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