© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Das Landtagsschloß
Brandenburg: Parlamentsbau in der Mitte Potsdams wird am Wochenende eröffnet
Falko Teuber

Wenn man den Potsdamer Hauptbahnhof verläßt und nach rechts über die Lange Brücke läuft, liegt das neue Herz von Potsdam offen da. Das wiederaufgebaute Stadtschloß strahlt schon von weitem mit seinem satten friderizianischen Barock und altrosa Putz. Es beweist, daß es sich lohnt, einen historischen Stadtkern neu erstehen zu lassen.

Gleichzeitig ist die Neuerrichtung des Schlosses die Initialzündung für die Gestaltung des Potsdamer Stadtzentrums, das durch Krieg, realsozialistische Bausünden und Kahlschläge zerstört wurde. In einigen Jahren werden neue Quartiere entstanden sein, teilweise im historischen Gewand.

Der Weg bis hierhin war lang. Zu Beginn waren Widerstand und Ablehnung vor allem der politischen Linken ständiger Begleiter. Erst gegen den Abriß eines noch zu DDR-Zeiten begonnenen Theaterrohbaus, dann gegen die barocke Fassade. Ein moderner Parlamentsbau wurde von Linken und Architekten gefordert. Am Ende machten Bürgersinn und Spenden den Wiederaufbau möglich. An diesem Wochenende wird die Eröffnung gefeiert.

Bereits vor seiner Zerstörung im April 1945 wurde das im 18. Jahrhundert von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff geschaffene Gebäude zweckentfremdet. Nicht nur Heimatmuseum, Stadtverwaltung und Stadtverordnete waren hier untergebracht, sondern auch ein Arbeitsamt. In den sechziger Jahren gaben die SED-Machthaber Pläne zum Wiederaufbau endgültig auf, sprengten trotz Bürgerprotesten die alte Ruine und verwandelten so das alte Stadtzentrum in eine Brache.

Obwohl bereits 2002 das Fortuna-Portal wiederhergestellt wurde, war die Politik lange nicht bereit für einen Wiederaufbau des Schlosses. Zwei Bebauungspläne wurden innerhalb von 15 Jahren abgelehnt, bis sich 2005 der Brandenburger Landtag für den Bau eines neuen Landtaggebäudes in der Form des Stadtschlosses aussprach. Aber erst die Spende des Gründers des Softwareriesen SAP, Hasso Plattner, über 20 Millionen Euro brachte die Entscheidung zugunsten der originalgetreuen Rekonstruktion der historischen Fassade.

Auch jetzt nach seiner Fertigstellung sind die Schloßkritiker zwar spürbar weniger, aber nicht verstummt. Zwitter-Landtag nennen manche Gegner den Bau. Den Schloß-Befürwortern wird unterstellt, sie wären Nostalgiker oder Antidemokraten. Selbst der Parlamentspräsident Gunter Fritsch (SPD) wiederholt fortlaufend: „Es sieht aus wie ein Schloß, ist aber keines.“ Neu ist es vor allem im Inneren. Weiß die Wände, rot die Sitze für die Abgeordneten und Regierung entsprechend der Brandenburger Farben. Vom alten historischen Kern ist nichts zu spüren. Nur im Treppenhaus wird die Kuppel wieder von vier original erhaltenen Atlanten gestützt. Sonst wirkt der Bau von innen sehr kühl. Auf Stuck wurde ganz verzichtet.

Dennoch: Auch wenn der Brandenburger Landtag künftig in modernen Räumen residiert – die Fassade ist die des zerstörten Stadtschlosses. Es ist für alle weithin sichtbar kein beliebiger Parlamentsneubau entstanden. Potsdam hat sein Herz zurück.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen